Bundesparteitag der CDU:Nur einer außer mir

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Eine Stunde dauert die Rede von Angela Merkel, doch ihre Minister erwähnt sie mit keinem Wort. Dafür betreibt die Kanzlerin fröhliches FDP-Bashing. Lob aber gibt es nur für zwei: für sich selbst - und den niedersächsischen Ministerpräsidenten David McAllister.

Von Robert Roßmann

Die Liebeserklärung beginnt an diesem Tag mit einer kleinen Gemeinheit. Angela Merkel spricht schon einige Zeit, als sie auf einmal eine kurze Pause macht. Die Delegierten sind ihrer Rede bereits ein bisschen müde - aber jetzt horchen sie auf. Der dramaturgische Kniff funktioniert immer. Sie lebe "ja nicht abgehoben auf einem anderen Stern", sagt Merkel. Auch ihr habe "eine Satiresendung schon mal richtig aus der Seele gesprochen, als es dort hieß: Gott hat die FDP vielleicht nur erschaffen, um uns zu prüfen."

Die Delegierten klatschen begeistert.

Hatten die Liberalen am Morgen vor der Merkel-Rede nicht eine Koalitionsaussage der Kanzlerin verlangt? Und jetzt das?

Nur für ihn hat die Kanzlerin ein Lob übrig: der niedersächsische Ministerpräsident David McAllister. (Foto: dpa)

Nun: FDP-Bashing funktioniert immer, offenbar auch bei den Christdemokraten. Es sind eigentlich billige Punkte, die Merkel damit einfährt. Aber es wird die Stelle mit den meisten Lachern bleiben - und das sagt schon viel über den Auftritt der Kanzlerin an diesem Tag. Merkel ist kein großer Rhetor. Interessant ist ihre Parteitagsrede trotzdem. Vor allem wegen zweier Botschaften, die sie enthält. Doch dazu später.

Erst das FDP-Bashing, dann die Lobrede

"Aber im Ernst", sagt die Kanzlerin als die Freude über den FDP-Scherz im Auditorium abebbt. Keine andere Koalition könne eine bessere Arbeit machen als die schwarz-gelbe. Und dann folgt eine Eloge, die die FDP wieder versöhnt haben dürfte.

Eigentlich ist Merkel ja keine Frau der Superlative. Überschwang und Überheblichkeit sind ihre größten Stärken nicht. Die Frau ist Wissenschaftlerin - und damit qua Profession zum ewigen Zweifel gezwungen. An diesem Tag ist davon aber nichts zu spüren. Die CDU-Chefin tritt mit einer Chuzpe auf, wie sie ansonsten nur männlichen Sozialdemokraten eigen ist.

In der Haushaltsdebatte des Bundestags hatte die Kanzlerin ihre Regierung ja schon zur "erfolgreichsten seit der Wiedervereinigung" erklärt. Halb Deutschland hat darüber gelacht. Die "heute show" verlieh Merkel dafür den Comedy-Preis des Jahres. Die Kanzlerin hat das nicht beeindruckt. Im Gegenteil: Sie scheint den Satz jetzt sogar zu einem Wahlkampf-Slogan machen zu wollen. "Wir sind nicht nur zusammen gekommen, um uns auf die Schulter zu klopfen", sagt Merkel zu ihren Delegierten. Aber: "Was wir geschafft haben, sucht seinesgleichen." Das nennt man wohl Dialektik.

Klicken Sie sich in unserer interaktiven Grafik durch Merkels inneren Zirkel.

Die CDU habe Deutschland "mit klarem Kompass und sicherem Steuer" durch die Krise gebracht, sagt Merkel. Das Land stehe jetzt besser da als vorher. Noch nie sei so viel Geld für Bildung ausgegeben worden. Und beim Wirtschaftswachstum, der Reallohn-Entwicklung und den Arbeitsmarkt-Zahlen rangiere man vor fast allen anderen Ländern. Deshalb sei es einfach richtig, dass die schwarz-gelbe Koalition die beste Regierung seit der Wiedervereinigung sei.

Philipp Rösler wird die Kunde mit Freude vernommen haben - auch weil Merkel ihr Lob mit deutlicher Kritik an SPD und Grünen verband: Die gute Entwicklung in Deutschland "ist nicht vom Himmel gefallen", sagt die Kanzlerin. Sie sei "das Ergebnis der Arbeit fleißiger Menschen". Auch unter der rot-grünen Regierung seien die Menschen fleißig gewesen, wegen der Politik von SPD und Grünen habe ihnen das aber nichts gebracht. Und überhaupt: Das Programm der Sozialdemokraten sei ein "Mittelstandsgefährdungsprogramm". Dabei werde doch gerade vom Mittelstand das Wachstum geschaffen, das die nötigen Arbeitsplätze garantiere.

Nun ist das Wünschen ja das eine, das Können das andere. Union und FDP haben schon seit Ewigkeiten in den Umfragen keine Mehrheit mehr. Aber Merkel wäre nicht Merkel, wenn sie das Argument gelten ließe. "Gott hat uns vor allem deshalb erschaffen, um etwas aus uns zu machen", ruft die Vorsitzende den Ungläubigen im Saal zu. "Wer sind wir denn, wenn wir zehn Monate vorher die Wahl schon verloren geben? Wenn ich je so gedacht hätte, wäre ich nie CDU-Chefin geworden", sagt Merkel. Und wenn die Altvorderen so gedacht hätten, hätte es keine Deutsche Einheit gegeben. "Zu den eigenen Werten stehen und an sich glauben", müsse die Losung deshalb lauten.

"Nun aber ran an den Speck, wir haben viel vor"

Am Ende bleiben zwei Eindrücke von der Rede: Die Kanzlerin setzt auf sich - und auf David McAllister. Eine Stunde spricht Merkel, doch in der Rede kommen ihre Minister nicht vor. Nicht einmal Wolfgang Schäuble, Thomas de Maizière und Ursula von der Leyen werden mit einem Wort der Aufmerksamkeit bedacht. Dafür lobt die Kanzlerin sich und den niedersächsischen Ministerpräsidenten über den Klee.

Im Januar wird in dem Land gewählt. Die Lage war für die CDU eigentlich aussichtslos, doch McAllister hat sich wieder nach oben gekämpft. Sollte seiner schwarz-gelben Koalition doch noch die Wiederwahl gelingen, wäre das ein gewaltiger Schub für Merkel und ihren Wahlkampf. "Wir werden Dich mit aller Kraft unterstützen", verspricht Merkel ihrem David. Während die Kanzlerin spricht, trudelt die neueste Niedersachsen-Umfrage ein. Schwarz-Gelb liegt jetzt schon gleichauf mit Rot-Grün. Was hatte McAllister am Morgen dieses Tages doch gesagt: "Wahlkampf macht Spaß, man muss nur gewinnen."

Insofern dürfte auch Merkel der Ausflug nach Hannover gefallen haben. Die Delegierten bestätigen sie mit fast 98 Prozent im Amt. "Echt platt und bewegt", sei sie jetzt, sagt Merkel. "Nun aber ran an den Speck, wir haben viel vor."

© SZ vom 05.12.2012 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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