Bundesnachrichtendienst:Geheimes Örtchen

Ein BND-Mann soll den Grünen-Politiker Ströbele auf dem Klo bespitzelt und dann mit "anatomischen Feststellungen" eine Mitarbeiterin belästigt haben. Ströbele weiß davon nichts.

Hans Leyendecker und Peter Blechschmidt

In seinem bewegten Leben hat sich der Grünen-Bundestagsabgeordnete und Geheimdienstfachmann Hans-Christian Ströbele, 69, schon an vielen Orten aufgehalten, aber er ist sich sicher, dass er "noch nie in Pullach" war. Pullach steht dabei für die Zentrale des Bundesnachrichtendienstes (BND). Er war "auch nirgendwo sonst in einem Haus, das, so weit mir bekannt, dem BND gehört".

Bundesnachrichtendienst: Hans-Christian Ströbele

Hans-Christian Ströbele

(Foto: Foto: dpa)

Ansonsten, sagt er, "äußere ich mich grundsätzlich gar nicht zu den Latrinenparolen des BND". Latrine ist nach Feststellungen der alten Wörterbücher ein veralteter Begriff für Klo oder Abort, und das ist eben die Frage, die im Dienst heiß diskutiert wird: An welchem Pissoir soll der Aufklärer Ströbele neben einem inzwischen suspendierten BND-Referatsleiter gestanden haben, der milieugemäß nur "Dr. S" genannt wird? Oder hat er gar nicht neben Dr. S. gestanden? Und hatte Dr. S. eine Legende?

Der Geheime Dr. S., der früher für das Bundeskriminalamt gearbeitet hat und sich beim Bundesnachrichtendienst mit vielen anderen um die Bekämpfung der organisierten Kriminalität kümmert, soll Mitarbeiterinnen sexuell belästigt haben.

Gegen ihn läuft ein Disziplinarverfahren, die Vorwürfe bestreitet er vehement. Ein normales, wenngleich unappetitliches Verfahren. Die Referatsleitung musste er abgeben. Weil er Vorbehalte gegen seinen Chef, den BND-Präsidenten Ernst Uhrlau hat, führt dessen Vize die Ermittlungen. Dr. S. erhält Beistand durch seinen Anwalt und eine zum Personalrat gehörende Vertrauensperson (VP) des Dienstes.

Diese VP hat ein 28-seitiges Papier verfasst, das natürlich vertraulich ist, und darin steht, Dr. S. habe eines Tages neben Ströbele auf der Toilette gestanden und bei dieser Gelegenheit "anatomische" Feststellungen getroffen. Über seinen Befund habe er dann angeblich eine Mitarbeiterin unterrichtet, die diese Äußerung als sexistisch empfand. Ob sich das so abgespielt hat oder nicht, steht dahin. Das gilt auch für den angeblichen Befund. Andererseits hat der BND, früher jedenfalls, schon aus kleineren Anlässen größere Geschichten gemacht.

Unter der Überschrift "Pikante Klo-Affäre beim BND - Spitzen-Grüner Ströbele auf Toilette bespitzelt" meldete die Bild-Zeitung jetzt den angeblichen Pissoir-Angriff auf den Grünen. Ströbele ging daraufhin noch einmal in sich und sagte dann: "An Schlapphüte erinnere ich mich nicht."

Zur SZ-Startseite
Jetzt entdecken

Gutscheine: