Bundesnachrichtendienst:Aufstand alter Agenten

Mitarbeiter des BND haben über die Medien massiv dessen Führung kritisiert. Präsident Uhrlau bescheinigen sie eine "verquere Charakterstruktur".

Peter Blechschmidt

In ungewöhnlicher Weise haben Mitarbeiter des Bundesnachrichtendienstes (BND) einem Medienbericht zufolge ihre eigene Behörde kritisiert. Große Bereiche des Apparats steckten in einem Stimmungstief, die Leitung des Dienstes lasse sich zu wenig beraten und habe ein denkbar schlechtes Verhältnis zum Bundeskanzleramt, zitiert das Magazin Focus mehrere BND-Mitarbeiter.

Bundesnachrichtendienst: Ernst Uhrlau

Ernst Uhrlau

(Foto: Foto: dpa)

Sie hätten sich in den vergangenen Wochen gegen die Zusicherung umfassenden Informantenschutzes dem Focus anvertraut, schreibt ein Redakteur des Magazins, von dem bekannt ist, dass er über exzellente Kontakte zum BND verfügt. BND-Präsident Ernst Uhrlau und seinen beiden Stellvertretern bescheinigen die Mitarbeiter eine "verquere Charakterstruktur". Sie seien "furchtbar kontaktscheu", schotteten sich von den Mitarbeitern ab und ließen sich viel zu selten von der Fachebene beraten. Auch sei Uhrlaus Kontakt zur Dienstaufsicht im Kanzleramt "so schlecht wie seit vielen Jahren nicht mehr".

Kanzleramtschef Thomas de Maizière (CDU) traue dem SPD-Mann Uhrlau nicht über den Weg, und der zuständige Abteilungsleiter Klaus-Dieter Fritsche "taucht schnell ab, wenn der BND in schwieriges Gewässer gerät".

Katastrophale Personalführung

Die Personalführung sei "eine Katastrophe", heißt es weiter. Verdiente ältere Kollegen würden als kalte Krieger verlacht, während junge Leute, die im nachrichtendienstlichen Geschäft "noch nichts gebracht" hätten, Karriere machten. "Abteilungen und Referate bekriegen sich in quälenden Grabenkämpfen." Für verdeckte Operationen, also Einsätze unter einer Tarnidentität, fehle den Chefs der Schneid. "Sie haben Angst, irgendetwas falsch zu machen und dafür öffentlich verprügelt zu werden. Überall nur Zögerer und Zauderer."

Bitter beklagen sich die Nachrichtendienstler über mangelnden Schutz durch das Kanzleramt und die BND-Spitze vor "Hass und Häme" im Zusammenhang mit dem Einsatz zweier BND-Agenten in Bagdad während des Irak-Krieges im Frühjahr 2003.

Untersuchung über Arbeit des BND im Zusammenhang mit dem Irak

Die beiden sollen am kommenden Donnerstag vor dem BND-Untersuchungsausschuss des Bundestages aussagen. Der Ausschuss versucht zu klären, welchen Wert die BND-Informationen für die Kriegführung der USA hatten und ob der Einsatz im Widerspruch zur erklärten Politik der damaligen rot-grünen Regierung stand, sich nicht aktiv am Irak-Krieg zu beteiligen.

Ein Sprecher des BND wies die Vorwürfe zurück. Eine solche "Generalkritik aus der Anonymität heraus" sei fragwürdig und inhaltlich nicht nachvollziehbar. Er führte den Vorstoß der Mitarbeiter auf die umfassende Strukturreform im BND zurück, die zum 1. Januar 2009 wirksam werden soll und mit der Teile des Dienstes offenbar nicht einverstanden seien.

Die Leitung habe sich stets bemüht, diese Reform intensiv zu erläutern und die Belegschaft zu beteiligen. Jeder Mitarbeiter könne sich direkt an die Spitze wenden. Kein Präsident vor ihm habe sich so wie Uhrlau um Nähe zu den Mitarbeitern bemüht.

Uhrlau habe ein junges Team um sich versammelt, das hoch motiviert sei. Natürlich gebe es auch eine Fraktion, die in den alten Strukturen verharren wolle. "Die hat sich jetzt zu Wort gemeldet", sagte der Sprecher.

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