Bundesjustizminister Heiko Maas:Kleiner Minister als großer Feuerwerker

Staatsakt für gestorbenen Bundespräsidenten von Weizsäcker

Heiko Maas knüpft an Justizminister mit starkem Profil an, wie etwa Sabine Leutheusser-Schnarrenberger oder Hans-Jochen Vogel.

(Foto: dpa)

Heiko Maas ist wieder ein Justizminister, der nicht im Schatten des Innenministers steht. Das ist gut so, denn: Gute Rechtspolitik ist nicht paragrafengestützte Langeweile, sondern ein furioses Geschäft.

Kommentar von Heribert Prantl

Der erste Bundesjustizminister hieß Thomas Dehler. Das war ein FDP-Mann, für den die Juristerei ein furioses Geschäft war. Der Mann konnte reden, der Mann konnte streiten; für ihn war Rechtspolitik Gesellschaftspolitik.

Bei nicht wenigen seiner Nachfolger war das anders: Das Bundesjustizministerium wurde ein Ort der paragrafengestützten Langeweile. Die Minister verstanden sich als Notare der Regierung, als Handwerker, die den Plänen, die andere fassten, die gesetzliche Form gaben. Rechtspolitik war eine Abteilung der allgemeinen Innenpolitik - und die Justizminister waren Minister im Schatten der Innenminister.

Gewiss: Es gab einen Gustav Heinemann, es gab Hans-Jochen Vogel, es gab die großen Zeiten, in denen das Strafrecht und das Familienrecht grundlegend reformiert wurden und in denen der Wandel des Rechts den Wandel der Gesellschaft klug begleitete. Es gab die mutige Sabine Leutheusser-Schnarrenberger, die sich den Sicherheitspolitikern nicht nur bei ihrem Kampf gegen die Sicherheitsgesetze mutig in den Weg stellte.

Und es gab Herta Däubler-Gmelin, die an die große Zeit der Rechtspolitik wieder anzuknüpfen versuchte. Aber: Die Rechtspolitik wurde in jüngerer Zeit weniger von dem eigentlich dafür zuständigen Ministerium gemacht, sondern vom Bundesverfassungsgericht.

Wenn das Recht Glück hat, ändert sich das gerade wieder: Das Bundesjustizministerium gewinnt wieder an Präsenz. Minister Heiko Maas (SPD), dem bei Amtsantritt nicht allzu viele allzu viel zutrauten, gehört jedenfalls zu den nachrichtenhäufigsten Ministern des Kabinetts Merkel. Das liegt wohl auch daran, dass das Justizressort mit dem Verbraucherschutzressort zusammengelegt worden ist - aber nicht nur daran. Maas ist ein körperlich schmaler und eher kleiner Mann, der die Gabe hat, groß aufzufallen.

So viele Gesetzes-Reformkommissionen wie lange nicht mehr

Er war der Minister, der sich am schnellsten und schärfsten gegen Pegida erklärte. Die Aufmärsche seien eine "Schande für Deutschland". Maas meldet sich auch dort zu Wort, wo er als Minister nicht unmittelbar zuständig ist. Man könnte das kritisieren, wenn er auf dem Terrain seiner ureigenen Zuständigkeiten nachlässig bliebe; ist er aber nicht. So viele Gesetzes-Reformkommissionen wie unter Maas sind schon lange nicht mehr neu eingesetzt worden - und das ist nicht Aktionismus, sondern Notwendigkeit: zur Reform der Mord- und Totschlagsparagrafen (gegen den Widerstand des eigenen Hauses); der Straf- und der Zivilprozessordnung; der Unterbringung von Straftätern in der Psychiatrie, also der sogenannten Mollath-Paragrafen.

Zumal bei letzterer Reform wünschte man sich allerdings mehr Verve: Maas ist in der komfortablen Situation, dass die große Mehrheit der Bundesländer von der SPD regiert wird. Maas hat also im Bundesrat kaum Schwierigkeiten zu erwarten. Die Abstimmung zwischen Bund und Ländern müsste viel schneller gehen als derzeit.

Maas hat sich dadurch profiliert, dass er sich klar gegen jede Vorratsdatenspeicherung ausgesprochen hat. Seine Partei hat es ihm nicht gedankt: Sowohl sein Fraktions- als auch sein Parteichef sind ihm brutal über den Mund gefahren. Wenn Maas sich einschüchtern ließe, würde er bald wieder zum Schattenminister. Davon gab es in seinem Haus schon zu viele. Maas hat sich jedenfalls (verschreckt?) zur Weitergabe von Flugpassagierdaten an die Amerikaner gar nicht geäußert, als das EU-Parlament in dieser Frage eingebrochen ist.

Es tut dem Justizministerium gut, wenn da einer ein Feuerwerk abzubrennen versucht. Gewiss: Nicht alles zündet und funkelt. Maas' Planschbeckengesetz gegen Kinderpornografie war schlecht, sein "Anti-Terror-Paket" überflüssig. Es riecht nicht alles gut, was kracht. Der Feuerwerker ist noch in der Übungsphase.

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