Bund-Länder-Kommission zum Rechtsterror eingesetzt:Abhängig vom Wohlwollen der Behörden

Überflüssig oder notwendig? Die Bund-Länder-Kommission zum Rechtsterror ist kaum eingesetzt, da streiten die Politiker schon über ihre Befugnisse. Die sind nämlich nicht groß. Deshalb drohen Vertreter der Kommission bereits mit "politischer Bestrafung", sollten die Behörden der Länder nicht kooperieren.

Thorsten Denkler, Berlin

So richtig eilig scheinen es Bund und Länder nicht zu haben mit der Aufklärung. Zumindest kann sich die an diesem Mittwoch eingesetzte Bund-Länder-Kommission (BLK) zum Rechtsterrorismus in Deutschland Zeit lassen, so viel sie will. Eben "so schnell wie möglich" soll sie fertig werden, sagte Bundesinnenminister Hans-Peter Friedrich, als er die Kommission in Berlin vorstellte.

Bund-Länder-Kommission Rechtsterrorismus

(Von rechts) Bundesinnenminister Hans-Peter Friedrich (CSU), Uwe Schünemann (Innenminister Niedersachsen, CDU), Bruno Jost (Bundesanwalt beim Bundesgerichtshof), Ehrhart Körting (Innensenator Berlin a. D., SPD), Heino Vahldieck (Innensenator Hamburg a. D.) und Rechtsanwalt Eckardt Müller stellen die neue Bund-Länder-Kommission Rechtsterrorismus vor.

(Foto: dpa)

Zeit dürfte allerdings der einzige Luxus sein, den die vier von Bund und Ländern bestellten Experten haben. Ihr Auftrag: Sie sollen "Möglichkeiten der besseren Zusammenarbeit von Bund und Ländern zusammenstellen", sagt CSU-Mann Friedrich.

Aus Fehlern lernen, das ist also die Aufgabe. Und Fehler sind reichlich gemacht worden. Zehn Menschen konnten die Mitglieder der rechten Terrorzelle NSU töten ohne dass ihnen jemand auf die Spur gekommen wäre. Eine beispiellose Mordserie, wie sie sich - das ist der erklärte Wille aller - nicht wiederholen dürfe.

Mit der BLK existiert jetzt das zweite Gremium auf Bundesebene, das zur Aufklärung beitragen soll. Denn im Bundestag arbeitet bereits ein Untersuchungsausschuss. Fragt sich, was die BLK anderes herausbekommen soll als dieser.

Doch der Innenminister hat hier eine Antwort parat: Friedrich verkündet stolz, die kleine Kommission könne schneller und effizienter arbeiten und habe einen klareren Auftrag. Außerdem dürfe der Bund nur aufklären, was Bundessache ist. In die Arbeit der neuen Kommission sind dagegen vor allem Länderbehörden wie Landeskriminal- und Verfassungsschutzämter involviert. Und auf deren Akten hat der Untersuchungssauschuss des Bundestages keinen Zugriff.

Allerdings, und das ist die Crux: Die BLK hat die Zugriffsrechte auch nicht. "Die Kommission hat nicht mehr Rechte als ein Untersuchungsausschuss", stellt der niedersächsische Innenminister Uwe Schünemann (CDU) fest. Das bedeutet: Die Kommission ist auf das Wohlwollen der Landesbehörden angewiesen. Akteneinsicht oder den Zugang zu Behörden kann sie nicht erzwingen. Die Behörden können Informationen nach Gutdünken herausgeben. Alles in Form von gefilterten Zusammenfassungen.

Für Friedrich und Schünemann ist das sinnvoll, schließlich soll die Kommission ohnehin nur auf der Grundlage von bereits vorhandenen "Erkenntnissen, Berichten und Expertenanhörungen" arbeiten.

Doch Thomas Oppermann, Parlamentsgeschäftsführer der SPD im Bundestag, hat ganz andere Vorstellungen von der Arbeit der Kommission. Er will, dass sie "eigene Ermittlungen" anstellen kann, um sich ein eigenes Gesamtbild der Lage zu machen. Ähnlich sieht das auch sein Parteifreund und Mitglied der neuen Kommission, Ehrhart Körting. "Wir sind nicht nur eine Redaktionskommission", die vorhandenes Material sichte und auswerte, sagt der langjährige Innensenator von Berlin. Die Kommission werde vielmehr selber Berichte anfordern und Gespräche führen mit den entsprechenden Verantwortlichen in den Behörden. Und natürlich werde die Kommission ganz eigene Fragestellungen haben.

Um das durchzusetzen, bleibt der Kommission da nur der politische Druck. Sie ist schließlich vom Bund und der Innenministerkonferenz der Länder einstimmig eingesetzt worden. Körting droht bereits, sollte die Kommission den Original-Wortlaut einer bestimmten Notiz benötigen, "dann möchte ich den Innenminister sehen, der uns das nicht zu Verfügung stellt".

Da will auch sein Kommissionskollege, Hamburgs Ex-Innensenator Heino Vahldieck (CDU), ehemals oberster Verfassungsschützer der Hansestadt, nicht nachstehen. "Die politische Ratio spricht dafür, dass jegliches Mauern seitens einer Landesbehörde politisch bestraft werden würde", sagt er.

Die Voraussetzungen für eine vertrauensvolle Zusammenarbeit scheinen bestens zu sein.

Außer Körting und Vahldieck gehören auch der Strafrechtsexperte Eckhart Müller und der einstige Bundesanwalt Bruno Jost der Kommission an.

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