Bürgerschaftswahl in Bremen:Nun hat die SPD die Wahl

Die Bremer Wähler haben der Großen Koalition einen Denkzettel verpasst. Vor allem Linkspartei und Grüne profitieren davon. SPD-Bürgermeister Böhrnsen kann sich nun aussuchen, ob er mit CDU oder Grünen regieren will.

Die SPD hat sich bei der Wahl zur Bremer Bürgerschaft als stärkste Partei behauptet. Die Sozialdemokraten, die seit 1995 eine Große Koalition mit der CDU bilden, kamen laut vorläufigem amtlichen Endergebnis auf 36,8 Prozent. Die CDU fiel auf 25,7 Prozent zurück, während die Grünen auf 16,4 Prozent zulegten. Mit 8,4 Prozent kommt erstmals die Linkspartei in ein westdeutsches Parlament. Auch die FDP ist mit 6,0 Prozent in der neuen Bürgerschaft vertreten.

Bürgerschaftswahl in Bremen: Wechselt Bremens Erster Bürgermeister Jens Böhrnsen (r.) den Koalitionspartner? Grünen-Spitzenkandidatin Karoline Linnert könnte Thomas Röwekamp von der CDU als Senatorin ablösen.

Wechselt Bremens Erster Bürgermeister Jens Böhrnsen (r.) den Koalitionspartner? Grünen-Spitzenkandidatin Karoline Linnert könnte Thomas Röwekamp von der CDU als Senatorin ablösen.

(Foto: Foto: ddp)

Die SPD mit Spitzenkandidat und Bürgermeister Jens Böhrnsen könnte sowohl mit der CDU die Große Koalition fortsetzen als auch mit den Grünen eine Regierung bilden.

Die Sozialdemokraten hatten im Wahlkampf jede Koalitionsaussage vermieden. Auch am Wahlabend legte sich der Erste Bürgermeister Jens Böhrnsen nicht auf einen Regierungspartner fest, zeigte sich aber offen für ein Regierungsbündnis mit den Grünen: "Man darf nichts dämonisieren, weder die große Koalition noch Rot-Grün." Die CDU, mit der die SPD seit zwölf Jahren in einer großen Koalition regiert, habe dies getan und damit "einen großen Fehler" gemacht, sagte Böhrnsen.

"Eine Koalition ist doch nichts, was mit Automatismus weitergeführt werden kann", fügte er hinzu. "Zumindest für mich schließt sich das aus."

"Jede Koalition hat ein natürliches Ende, und das ist der Wahltag", sagte Böhrnsen weiter. Die SPD werde nun sowohl mit der CDU als auch mit den Grünen Sondierungsgespräche führen.

Auch die CDU übte Kritik am Koalitionspartner. Spitzenkandidat Thomas Röwekamp nannte es einen "großen strategischen Fehler", dass sich die SPD nicht auf eine Fortsetzung der Großen Koalition festgelegt habe.

Grüne erzielen deutsches Rekordergebnis

Die Grünen erreichten mit 16,5 Prozent das beste Ergebnis der Partei bei einer Landtagswahl in der deutschen Geschichte. Spitzenkandidatin Karoline Linnert erhob umgehend den Anspruch auf eine Regierungsbeteiligung. Sollte es zu ersten rot-grünen Koalition in einem Bundesland seit der Abwahl von Rot-Grün in Nordrhein-Westfalen im Mai 2005 kommen, würde die Große Koalition in Berlin ihre Zwei-Drittel-Mehrheit im Bundestag verlieren.

Die rechte DVU verfehlte in Bremen die Fünf-Prozent-Hürde. Allerdings konnte sie im Wahlbezirk Bremerhaven einen Sitz gewinnen. Die rechte Gruppierung ,,Bürger in Wut'' - eine Abspaltung der Schill-Partei scheiterte in Bremerhaven mit 4,99 Prozent denkbar knapp.

Da es nach dem Landeswahlgesetz für den Einzug in die Bürgerschaft, wenn eine Partei in Bremen oder Bremerhaven mehr als fünf Prozent der Stimmen gewinnt, wird die DVU wie bisher mit einem Sitz im Landesparlament vertreten sein.

Wahlbeteiligung auf Rekordtief

Die Wahlbeteiligung liegt bei 57,58 Prozent, einem Rekordtief. Bislang hatte die schlechteste Wahlbeteiligung im Jahr 1999 bei 60,1 Prozent gelegen.

Vor vier Jahren wurde die SPD mit 42,3 Prozent der Stimmen stärkste Partei, die CDU erhielt 29,8 Prozent, die Grünen kamen auf 12,8 Prozent. In der Bürgschaft entfallen derzeit 40 Sitze auf die Sozialdemokraten, 29 auf die CDU und zwölf auf die Grünen. Die rechte DVU und die FDP sind mit je einen Abgeordneten vertreten, obwohl sie landesweit die Fünf-Prozent-Hürde bei der letzten Abstimmung 2003 verfehlt hatten.

Streit um den Mindestlohn

Im Mittelpunkt des wenig engagierten Wahlkampfes hatte vor allem die Wirtschaftspolitik gestanden. Das kleinste deutsche Bundesland ist mit fast 14 Milliarden Euro verschuldet und klagt in Karlsruhe auf neue Finanzzuschüsse des Bundes. Bürgermeister Böhrnsen, der das Amt erst 2005 von seinem populären Vorgänger Henning Scherf übernommen hatte, erklärte, er wolle die Sanierungspolitik fortsetzen. Allerdings sei ,,die Sparschraube überdreht'' worden.

Für Streit sorgte besonders das Thema Mindestlohn. Der Regierungschef will einen Mindestlohn von 7,50 Euro und plant eine Bundesratsinitiative. Unterstützung findet er bei Grünen und Linken. Die CDU bevorzugt dagegen ein Kombilohnmodell, bei dem der Arbeitgeber den tariflich vereinbarten Lohn zahlt und der Staat diesen Lohn aufstockt.

Zur Wahl waren 487.200 Bürger aufgerufen, 401.600 Bremer und 85.600 Bremerhavener.

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