Bürgermeisterwahlen in Paris:Sarkozys Mädchen gegen die ewige Nummer zwei

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Spannendes Duell in Paris: Die Konservative Nathalie Kosciusko-Morizet (l.) und die Sozialistin Anne Hidalgo wollen beide Bürgermeisterin der französischen Hauptstadt werden. (Foto: AFP)

In Paris kämpfen zwei Frauen um das Pariser Rathaus. Kurz vor der Wahl am kommenden Wochenende wird die Auseinandersetzung der Kandidatinnen noch einmal schärfer.

Von Lilith Volkert

Nicht nur der Himmel über Paris ist derzeit smogverhangen, auch im politischen Betrieb ist die Atmosphäre vergiftet. Wenige Tagen vor der ersten Runde der Bürgermeisterwahl beschimpft die sozialistische Kandidatin ihre konservative Konkurrentin als "Diesel-Ministerin", die an der Feinstaubverschmutzung mitschuld sei. Diese wiederum greift jene wegen jahrelanger "Untätigkeit" in der Causa an.

Neben der aktuellen Luftverschmutzung in Paris ist auch die politische Lage bemerkenswert. Nach 13 Jahren unter einem Bürgermeister wird Paris demnächst von einer Frau regiert. Die beiden größten Parteien schicken jeweils eine Politikerin in die am 23. und 30. März stattfindenden Wahlen.

Nathalie Kosciusko-Morizet könnte das Pariser Rathaus nach mehr als einem Jahrzehnt für die Konservativen zurückerobern. Sie tritt an gegen die Sozialistin Anne Hidalgo, die seit mehr als zehn Jahren Stellvertreterin des scheidenden Amtsinhabers Bertrand Delanoë ist.

Unterschiedlicher könnten die Kandidatinnen nicht sein

Der Wahlkampf fesselt die Pariser. Kein Wunder, denn gegensätzlicher könnten die beiden Kandidatinnen kaum sein. Die Favoritin Hidalgo wurde in Spanien geboren und kam als Kleinkind mit ihren Eltern - beide Arbeiter, die vor dem Franco-Regime flohen - nach Frankreich. Neben der französischen hat sie auch die spanische Staatsangehörigkeit.

Hidalgo hat ihre Laufbahn bei der Gewerbeaufsicht begonnen und gilt als bürgernah. Nun muss sie zeigen, dass sie sich nicht nur in der zweiten Reihe gut macht, sondern auch eigene Akzente setzen kann. Im Wahlkampf erntete die 54-Jährige Spott für Plakate, auf denen sie auffällig faltenfrei aussieht.

Ihre Herausfordererin Nathalie Kosciusko-Morizet, die wegen ihres komplizierten Namens mit NKM abgekürzt wird, stammt aus einer alten Politiker- und Diplomatenfamilie. Wie die meisten französischen Spitzenpolitiker hat sie eine Elite-Universität besucht. Die 40-Jährige gilt als intelligent und schlagfertig, aber auch als äußerst kühl. Ihre Kritiker - auch in den eigenen Reihen - nennen sie arrogant. Zuletzt war die elegante Politikerin Wahlkampfsprecherin von Ex-Präsident Nicolas Sarkozy, davor seine Umweltministerin.

NKM wusste nicht, wie viel ein Metro-Ticket kostet

In Paris wird der Bürgermeister indirekt gewählt. Das Wahlrecht, das dem Wahlmännersystem der USA ähnelt, benachteiligt die ehrgeizige Konservative: In den bevölkerungsreichen Arrondissements, in denen es besonders viele Mandate zu gewinnen gibt, dominiert die Linke. Außerdem ist Kosciusko-Morizets Partei UMP zerstritten, mehrere Mitglieder treten auf unabhängigen Listen an. Es heißt, einige andere Kandidaten wollten sie nicht auf ihren Wahlplakaten haben, da ihnen das in ihrem Viertel eher schade als nutze.

Kosciusko-Morizets größtes Problem ist aber, dass sie das Hôtel de Ville gerne als Sprungbrett für größere Aufgaben nutzen möchte - und die Pariser das wissen. Dass NKM 2017 bei den Präsidentschaftswahlen antreten will, hat sie nie glaubhaft verneint. Auch ihr Mentor Jacques Chirac war vor seiner Zeit als Präsident Bürgermeister von Paris.

In aktuellen Umfragen liegt die Sozialistin Hidalgo sechs Prozentpunkte vor Kosciusko-Morizet. Sie hat vor allem auf die Erfolgsbilanz gesetzt, die sie gemeinsam mit dem beliebten Amtsinhaber Delanoë - dem ersten sozialistischen Pariser Bürgermeister überhaupt - vorlegen kann. Zudem verspricht sie den Bau von 10.000 neuen Wohnungen pro Jahr, mehr Grünflächen, Krippenplätze und Polizisten.

Smog in Paris
:Unter der Glocke

In Paris hängt dichter Smog. Schon seit Tagen ist die Benutzung öffentlicher Verkehrsmitteln gratis, für die kommende Woche kündigt die Regierung umfassende Fahrverbote an.

Kosciusko-Morizet will mehr Videoüberwachung, die Metro unter der Woche bis zwei Uhr nachts fahren lassen und mehr Kulturzentren in den Vororten schaffen. Peinlich war für sie, dass sie vor zwei Jahren auf die Frage eines Journalisten hin nicht sagen konnte, wie viel ein Metro-Ticket in Paris kostet. Sie schätzte die Kosten mit vier Euro auf das Doppelte des tatsächlichen Preises.

Der Umgangston zwischen den beiden Kandidatinnen war übrigens schon rau, bevor Paris unter dem Smog litt: NKM behauptete vergangenes Jahr, Hidalgo sei vorbestraft, diese verklagte sie daraufhin wegen übler Nachrede. Und ein Mitarbeiter der Konservativen spottete, das Duell der bodenständigen Hidalgo gegen die extravagante NKM sei wie das eines Dacias gegen einen Ferrari.

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