Bürgerkriegsregion Darfur:"Helikopter statt Worte"

Den Blauhelmsoldaten in Darfur fehlt es am Nötigsten. Das beklagt Desmond Tutu genauso wie George Clooney. NGOs sprechen von einer "niederschmetternden Bilanz".

Zusammen mit einer Gruppe von mehr als 30 Menschenrechtsorganisationen hat UN-Friedensbotschafter George Clooney die Weltgemeinschaft zur sofortigen Bereitstellung von Hubschraubern für die sudanesische Krisenregion Darfur aufgefordert. Die Gruppe verwies darauf darauf, dass die gemeinsame Friedenstruppe von Vereinten Nationen und Afrikanischer Union in Darfur (UNAMID) auch ein Jahr nach Aufnahme ihrer Arbeit noch keinen der angeforderten 18 Transporthubschrauber habe.

Bürgerkriegsregion Darfur: Afrikanische Blauhelmsoldaten der UN in El Fasher, Sudan. Bei der Zeremonie wechselten sie ihre Kopfbedeckung von der grünen Baskenmütze zu den typisch blauen Helmen.

Afrikanische Blauhelmsoldaten der UN in El Fasher, Sudan. Bei der Zeremonie wechselten sie ihre Kopfbedeckung von der grünen Baskenmütze zu den typisch blauen Helmen.

(Foto: Foto: dpa)

"Viele Regierungen haben Sorge geäußert, aber nur wenige haben die grundlegenden Werkzeuge bereitgestellt, um Zivilisten zu schützen und den Blauhelmen ihre Arbeit zu ermöglichen", erklärte Hollywood-Star Clooney in einer in New York veröffentlichten Mitteilung. "Es ist Zeit für die Regierungen, Helikopter statt Worte zu liefern."

Hubschrauber fliegen zu Luftschauen, statt Leben zu retten

Die Gruppe legte einen Bericht vor, demzufolge mehr als 20 Länder ungenutzte Hubschrauber haben, darunter auch Italien, Spanien, Tschechien, Rumänien, Indien und die Ukraine. Allein die NATO-Staaten könnten gemeinsam 104 der geforderten Transportmaschinen stellen - sechs Mal mehr als nötig. Deutschland verfügt nach Angaben der Bundesregierung nicht über entsprechende Hubschrauber. Zu den Unterstützern des Aufrufs gehören hier zu Lande unter anderem die Organisationen Crisis Action, Darfur Hilfe und die Gesellschaft für bedrohte Völker.

"Viele von diesen Hubschraubern verstauben im Hangar oder fliegen zu Luftschauen, während sie Leben in Darfur retten könnten", schreiben Erzbischof Desmond Tutu, der frühere amerikanische Präsident Jimmy Carter und andere Friedensaktivisten im Vorwort eines in Berlin veröffentlichten Berichts von Nichtregierungsorganisationen zur Lage in dem ostafrikanischen Land. Ein Jahr nach dem Beschluss des Weltsicherheitsrates, UN-Friedenstruppen in die sudanesische Krisenregion zu entsenden, fehle es am Nötigsten, erklären sie. Nur der Einsatz der Friedenstruppe sei ein Schlüssel für einen dauerhaften Frieden im Sudan.

Sie fordern breit angelegte Gespräche unter den Kriegsgegnern unter Einbeziehung der Zivilbevölkerung. Ferner müsse die 2005 geschlossene Friedensvereinbarung zwischen Nord- und Südsudan umgesetzt werden. Dies sei eine Voraussetzung für eine landesweite demokratische Regierung und eine gerechte Verteilung der Güter im Land.

"Niederschmetternde Bilanz" über den Blauhelmeinsatz

Die Blauhelmtruppe UNAMID war am 31. Juli 2007 vom UN-Sicherheitsrat eingesetzt worden, um dem Blutvergießen in Darfur ein Ende zu bereiten. Die Mission sollte bis zu 26.000 Mann stark sein und wurde als größte in der UN-Geschichte angekündigt. Bisher sind allerdings erst etwa 9000 Soldaten und Polizisten vor Ort, der Großteil wurde von der bereits in der Region stationierten Truppe der Afrikanischen Union (AU) übernommen. Den Blauhelmen fehle es nicht nur an Helikoptern, sondern auch an allem anderen, von Stiefeln bis zu Notrationen, hieß es in dem Bericht.

Die Gesellschaft für bedrohte Völker (GfbV) hat eine "niederschmetternde Bilanz" über den Blauhelmeinsatz gezogen. Statt die Zivilbevölkerung zu schützen, kümmerten sich die UNAMID-Truppen vor allem um ihr eigenes Überleben, so die Menschenrechtsorganisation. Von den versprochenen 19.555 Soldaten und 6.432 Polizisten seien nur 8.000 Soldaten und 1.800 Polizisten vor Ort. Dabei handele es sich überwiegend um das Personal der gescheiterten Mission der Afrikanischen Union. Die GfbV sieht ein Versagen der Blauhelme und macht dafür den Weltsicherheitsrat und die internationale Gemeinschaft verantwortlich.

Die Blauhelme müssten angesichts von 180.000 neuen Vertriebenen seit Januar und 160 überfallenen Hilfsgüter-Konvois mehr Einsatz zeigen. Die Regierung in Khartum habe monatelang Land für den Bau von UNAMID-Unterkünften sowie die Einfuhr von Ausrüstungsgütern verweigert. Die Blauhelme seien am Verlassen der Camps gehindert und mit Überfällen eingeschüchtert worden.

Mitarbeiter der Welthungerhilfe kurzzeitig verschleppt

Die Deutsche Welthungerhilfe sieht die öffentliche Aufmerksamkeit für die notleidende Bevölkerung in Darfur zunehmend schwinden. Die Spendenbereitschaft sinke deutlich, sagte der Programm-Manager für den Sudan, Jörg Heinrich dem Evangelischen Pressdienst: "Dabei droht jetzt in der anstehenden Regenzeit der meiste Hunger, weil die Vorräte vollständig verbraucht sind."

Als Problem für die Arbeit der Welthungerhilfe nannte Heinrich die mittlerweile rund 20 Rebellengruppen, die "teilweise ihre politischen Ziele aus den Augen verloren haben" und wie "unkontrollierte Banditen" handelten. Die größte Herausforderung seien daher die Fahrten zu den Bedürftigen, bei denen oft verschiedene Rebellengebiete überquert werden müssten. Jüngst wurden drei Lastkraftwagen der Organisation überfallen und Mitarbeiter "zum Glück nur kurzzeitig" verschleppt, sagte er.

Die Welthungerhilfe versorgt 550.000 Bedürftige und Vertriebene in Darfur mit Nahrungsmitteln des Welternährungsprogramms (WFP). Sie ist seit 1998 in der Region tätig, das etwa halb so groß wie Deutschland ist.

Nach Schätzungen der Vereinten Nationen sind in dem seit fünf Jahren andauernden Konflikt in Darfur bis zu 300.000 Menschen getötet und 2,5 Millionen in die Flucht getrieben worden. UN-Generalsekretär Ban Ki Moon hat sich mehrfach enttäuscht über den Mangel an technischer Ausrüstung für die Friedenstruppen gezeigt. Angesichts des Geländes und der Sicherheitslage in Darfur seien Helikopter unverzichtbar, erklärte Bans Büro in New York.

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