Bürgerkrieg:Neue Hoffnung für Syrien

Mit Russlands Truppenabzug wächst der Druck auf den Diktator Baschar al-Assad, in Genf ernsthaft über Frieden zu verhandeln.

Von Julian Hans, Paul-Anton Krüger, Charlotte Theile, Genf/Kairo/Moskau

Nachdem Russland mit dem Abzug seiner Streitkräfte aus Syrien begonnen hat, gibt es neue Hoffnungen auf Fortschritte bei den Friedensverhandlungen, aber auch Drohungen mit neuer Gewalt. Der UN-Sondergesandte für Syrien, Staffan de Mistura, nannte Wladimir Putins Ankündigung eine wichtige Entwicklung, von der man sich positive Effekte erhoffe. Gleichwohl sei er von der Ankündigung des russischen Präsidenten überrascht worden - genau wie alle anderen, die seit Montag in Genf über eine politische Lösung des Konflikts verhandeln.

Kommende Woche will US-Außenminister John Kerry deshalb zu Gesprächen mit Russlands Präsident nach Moskau reisen. Am fünften Jahrestag des Beginns des Krieges sagte der Sprecher der vereinigten Opposition, Salem al-Muslet, man wolle eine multi-ethnische Mehrparteiendemokratie schaffen. Wichtig dafür sei aber, dass Machthaber Baschar al-Assad sich zurückziehe. "Das syrische Volk will keine Rolle für ihn", sagte al-Muslet.

Allerdings sei die Opposition grundsätzlich zu direkten Gesprächen mit der Regierung bereit, wenn es Fortschritte bei den Friedensverhandlungen in Genf gebe.

Bundesaußenminister Frank-Walter Steinmeier sieht Assad unter Druck. Die Ankündigung eines Teilabzugs der russischen Truppen sei "ein Signal für Assad, dass spätestens jetzt die Zeit gekommen ist, in Genf seriös zu verhandeln", sagte Steinmeier. Allerdings sei nicht klar, in welchem Umfang Russland tatsächlich Kräfte abziehen wolle. Wenn "auch nur ein Teil der russischen Ankündigungen wahr werde", bedeute dies, dass sich Assad und seine Sicherheitskräfte der russischen Unterstützung nicht mehr so sicher sein könnten wie bisher. "Das ist keine Garantie. Aber wir hoffen darauf, dass jetzt der Verhandlungsprozess auf den Weg kommt." Syriens Präsident Assad bemühte sich, den Eindruck zu zerstreuen, dass es Meinungsverschiedenheiten zwischen ihm und Putin gebe. Derartige Spekulationen waren aufgekommen, nachdem russische Offizielle in den vergangenen Wochen Aussagen Assads zum Fortgang des Krieges und den Friedensverhandlungen mehrmals widersprochen hatten.

Putins Ankündigung kam während einer massiven russischen Angriffswelle gegen Einheiten der Terrormiliz Islamischer Staat nahe der Wüstenstadt Tadmur. Russische Jets hatten dort in den vergangenen Tagen Hunderte Ziele bombardiert; regimetreue Truppen haben die Stadt aber bislang nicht zurückerobert. Die Nusra-Front, der syrische Ableger der al-Qaida, kündigte eine neue Offensive auf die Küstenprovinz Latakia an. "Es ist klar, dass Russland eine Niederlage erlitten hat, und binnen 48 Stunden wird al-Nusra eine Offensive in Syrien starten", sagte ein Kommandeur der Nachrichtenagentur AFP. Die Nusra-Front ist wie der IS von der Waffenruhe ausgenommen. Trotz des Teilabzugs will Russland seine Bombardements fortsetzen: "Wir verringern den Kampf gegen den Terrorismus nicht, wir verstärken ihn", sagte der Leiter der Kreml-Administration, Sergej Iwanow. Dafür sei ein so großes Kontingent aber nicht mehr notwendig.

Die ersten Kampfflugzeuge aus Syrien trafen im Süden Russlands ein.

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