Bürgerkrieg in Syrien:Strafrechtler fordern Prozess gegen Assad in Den Haag

Baschar al-Assad Syrien

Völkerrechtler fordern, Syriens Präsidenten Baschar al-Assad in Den Haag vor den Internationalen Strafgerichtshof zu stellen.

(Foto: dpa)

Wenn es um eine Bestrafung des Assad-Regimes gehe, sei der Haager Strafgerichtshof das richtige Instrument. So sehen es viele Völkerrechtler und Politiker. Den Einwand, die Weltjustiz könnte für Syrien zu langsam oder wirkungslos sein, weisen sie zurück. Ein Strafverfahren habe durchaus Erfolg - wie vergangene Fälle beweisen.

Von Stefan Ulrich

US-Präsident Barack Obama möchte den bevorstehenden Militärschlag gegen Syrien mit der Blockade des Sicherheitsrats der Vereinten Nationen und einem Zivilisationsbruch des Assad-Regimes rechtfertigen. Viele Völkerrechtler halten eine Strafaktion gegen Damaskus ohne die Zustimmung des Sicherheitsrats jedoch für rechtswidrig. Zugleich räumen sie ein, dass die Weltgemeinschaft handeln müsse, um die Zivilbevölkerung in Syrien zu schützen.

Einen Ausweg aus dieser Lage will nun der frühere Richter am Jugoslawientribunal Wolfgang Schomburg weisen. Der Professor für internationales Strafrecht schlägt vor, der Sicherheitsrat solle den Fall des Giftgasangriffs am 21. August bei Damaskus an den Internationalen Strafgerichtshof (IStGH) in Den Haag verweisen.

"Bevor man zur Tat schreitet, braucht man Fakten", sagt Schomburg. Die UN-Inspektoren, die in den vergangenen Tagen in Syrien ermittelten, dürften nur aufklären, ob es einen Giftgaseinsatz gab, nicht aber, wer dafür die Verantwortung trage. Dies könne nun der Strafgerichtshof tun. Der frühere UN-Richter glaubt, einem solchen Vorgehen könnten auch China und Russland im Sicherheitsrat zustimmen. "Das wäre für sie ein akzeptabler Kompromiss."

Schomburgs Vorschlag bekommt Rückendeckung aus der Politik. Der außenpolitische Sprecher der CDU/CSU Bundestagsfraktion Philipp Mißfelder und der CSU-Bundestagsabgeordnete Peter Gauweiler forderten Außenminister Guido Westerwelle (FDP) am Freitag in einem Brief auf, sich für ein Einschalten des Haager IStGH als unabhängiges Organ der Weltstrafjustiz einzusetzen. Gauweiler fordert zudem, der Auswärtige Ausschuss des Bundestages solle sich an diesem Montag mit Schomburgs Vorschlag befassen.

"Natürlich sind Bomben schneller"

Gauweiler sagt, in Sonntagsreden werde gern über die Weltstrafjustiz gesprochen. Nun könne man Taten folgen lassen. Den Einwand, die Weltjustiz könnte für Syrien zu langsam sein, weist er zurück. "Natürlich sind Bomben schneller." Doch Militärschläge gefährdeten auch Zivilisten, die man doch gerade schützen wolle. Schomburg weist darauf hin, die Anklagebehörde des Internationalen Strafgerichtshofs stehe unter einer neuen, effizienten Führung. Daher sei mit raschen Ermittlungen zu rechnen. Zudem könne der Sicherheitsrat den IStGH beauftragen, Zwischenberichte zu erstatten.

Bleibt die Frage, ob ein Gericht in Den Haag etwas in Damaskus bewirken kann, zum Beispiel durch einen eventuellen Haftbefehl gegen den Machthaber Baschar al-Assad. Solche Haftbefehle hätten immer eine bestimmte isolierende Wirkung, selbst wenn sie von einigen Staaten nicht vollstreckt würden, glaubt der Göttinger Professor für internationales Strafrecht Kai Ambos. Wenn es - wie die USA verkünden - um Bestrafung gehe, sei der Haager Strafgerichtshof das richtige Instrument.

Sein Salzburger Kollege Otto Lagodny verweist auf den Fall des früheren jugoslawischen Herrschers Slobodan Milošević. Die Anklage Miloševićs vor dem Jugoslawientribunal der Vereinten Nationen habe zu dessen Machtverfall beigetragen. Der Anführer der bosnischen Serben, Radovan Karadžić habe wegen des internationalen Haftbefehls bis zu seiner Festnahme im Jahr 2008 isoliert im Untergrund leben müssen. Ähnlich könnte es auch den Verantwortlichen für den Giftgasangriff in Syrien ergehen, meint Lagodny. "Das ist für mich eine entscheidende Wirkung der Völkerstrafgerichtsbarkeit. Da zeigt sich so etwas wie Strafgewalt."

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