Bürgerkrieg in Libyen:BBC-Journalisten mit Scheinhinrichtung gefoltert

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Ausländische Journalisten sind in Libyen nicht sicher vor Gewalt: Gaddafis Soldaten haben ein Team der britischen BBC verprügelt und zum Schein hingerichtet. Internationale Diplomaten ringen unterdessen um eine Flugverbotszone.

Gaddafi-treue Kämpfer behindern die Berichterstattung aus dem umkämpften Sawija weiter massiv - und schrecken dabei auch vor Gewalt gegen Journalisten nicht zurück. Nach Angaben des britischen Senders BBC wurden drei ihrer Mitarbeiter auf dem Weg in die Stadt aufgehalten, geschlagen und mit Scheinhinrichtungen misshandelt.

Nach 21 Stunden in den Händen libyscher Soldaten wieder frei: BBC-Reporter Feras Killani (links) und Kameramann Goktay Koraltan. (Foto: AP)

Die Reporter seien an einer Straßensperre der Armee aufgegriffen worden. Dort hätten sie ihre Ausweise gezeigt und seien in eine Kaserne nach Tripolis gebracht worden. Ihnen seien die Augen verbunden worden, dann seien sie mit Fäusten und Gewehren malträtiert worden.

BBC-Reporter Chris Cobb-Smith sagte, die drei hätten sich an einer Wand aufstellen müssen. Ein Mann in Zivil habe jedem eine Maschinenpistole an den Nacken gedrückt. Neben Cobb-Smiths Kopf habe der Mann zweimal abgedrückt. "Die Kugeln flogen an meinem Ohr vorbei. Die Soldaten haben nur gelacht", sagte Cobb-Smith.

Feras Killani, ein Korrespondent palästinensischer Abstammung, sagte, er sei mehrfach geschlagen worden. Ihm sei gesagt worden, dass Berichte über den Aufstand in Libyen nicht erwünscht seien und wurde bezichtigt, ein Spion zu sein. Während ihrer 21-stündigen Inhaftierung hätten sie Beweise gesehen, dass libysche Gefangene gefoltert wurden, sagte er weiter. Die Männer sind inzwischen wieder frei und haben Libyen verlassen. Ein Regierungsbeamter hat sich für die Behandlung der Journalisten entschuldigt.

Unterdessen ringt die internationale Gemeinschaft weiter um eine Strategie, mit der Druck auf Diktator Muammar al-Gaddafi ausgeübt werden kann. Die libysche Opposition hat klare Vorstellungen, welche Hilfe sie sich aus dem Ausland erwartet: Flugverbotszone ja, Bodentruppen nein.

"Wir hoffen, dass die Flugverbotszone oder eine ähnliche Maßnahme verhängt wird, die Gaddafi daran hindert, unsere Leute zu töten", sagte Mustafa Abd al-Dschalil, Chef der oppositionellen libyschen Gegenregierung, der Zeitung Die Welt. Nur so sei zu verhindern, dass Gaddafi weitere Luftangriffe auf die Bevölkerung durchführe sowie Söldner und Waffen ins Land bringe. "Die Flugverbotszone ist alles, was wir wollen. Aber wir wollen keine ausländischen Soldaten in Libyen."

Die Zone könnte nach Angaben von Raymond Odierno, des Generals des gemeinsamen Kommandos der US-Streitkräfte, umgehend umgesetzt werden. "Wir können sehr schnell reagieren, wenn wir müssen. Wir sind auch darauf vorbereitet", sagte Odierno am Rande einer Rede an der Harvard-Universität. "Ich glaube, innerhalb von ein paar Tagen wären wir wohl in der Lage, eine Flugverbotszone einzurichten."

Die Europäische Union und die Nato beraten am Donnerstag in Brüssel über die Lage in Libyen. In getrennten Verhandlungen kommen die Verteidigungsminister der 28 Nato-Staaten sowie die Außenminister der 27 EU-Staaten zusammen. Staatschef Muammar al-Gaddafi war am Mittwoch seinerseits diplomatisch in die Offensive gegangen und hatte Emissäre nach Kairo, Lissabon und Brüssel entsandt.

Auch der König von Marokko reagiert auf die Aufstände in den nordafrikanischen Staaten Libyen, Tunesien und Ägypten: Er hat demokratische Reformen angekündigt. Eine Verfassungsreform soll der Justiz mehr Unabhängigkeit bringen, das Parlament und politische Parteien stärken, kündigte König Mohammed am Mittwoch in einer im Fernsehen übertragenen Rede an.

Der 47-Jährige ernannte ein Komitee aus politischen Parteien, Gewerkschaften und Vertretern der Zivilgesellschaft zur Ausarbeitung seiner Pläne. Die Vorschläge sollten dann in einem Volksentscheid zur Abstimmung gestellt werden. Im vergangenen Monat hatten in Marokko Tausende Menschen demonstriert. Sie forderten eine Beschränkung der Macht des Königs, die Auflösung der Regierung und ein entschlossenes Vorgehen gegen Korruption.

© Reuters/dapd/AFP/jab - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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