Bürgerkrieg im Gazastreifen:Hamas stellt Fatah Ultimatum

Die radikalislamische Hamas gewinnt mehr und mehr die Kontrolle über den nördlichen Gazastreifen. Den verbliebenen Polizisten, die aus der Fatah-Organisation von Palästinenserpräsident Abbas stammen, stellte sie ein Ultimatum zum Rückzug. Bei den Kämpfen kamen mindestens zwölf Menschen ums Leben.

Die radikal-islamische Hamas hat ihren Vormarsch im palästinensischen Gazastreifen fortgesetzt und den Polizeikräften im Gazastreifen am Mittwoch ein 48-stündiges Ultimatum gestellt. Bis Freitag sollen die aus der Fatah stammenden Polizisten im gesamten nördlichen Gazastreifen die Waffen niederlegen. Andernfalls werde es groß angelegte Angriffe auf weitere Einrichtungen der Polizeikräfte geben, forderte die Kassam-Miliz in einem in Gaza verbreiteten Flugblatt.

Die Nationalen Sicherheitskräfte stehen unter der direkten Kontrolle von Palästinenser-Präsident Mahmud Abbas.

Im Gegenzug drohten Kämpfer der Fatah-Organisation von Abbas, den gewaltsamen Machtkampf auf das Westjordanland auszuweiten. Mitglieder der Al-Aksa-Brigaden verschleppten in Ramallah den Hamas-Mann Mohammed Maharik.

Hamas-Kämpfer haben ihrerseits ein Quartier der von der Fatah kontrollierten Sicherheitskräfte in die Luft gesprengt und dabei mehrere Menschen getötet. Nach Angaben von Augenzeugen und Sicherheitskräften platzierten die Hamas-Kämpfer einen starken Sprengsatz in einem Tunnel unter dem Sitz der Sicherheitskräfte im Süden des Gazastreifens. Das Gebäude sei komplett zerstört worden.

Tausende demonstrieren gegen die Gewalt

Bei den Kämpfen wurden Krankenhausangaben zufolge insgesamt mindestens zwölf Menschen getötet, darunter ein 15-jähriges Mädchen.

Fatah-Extremisten schossen das Haus des zur Hamas gehörenden Vize-Informationsministers in Brand. Niemand wurde verletzt. In Nablus im Westjordanland feuerten Hamas-Angaben zufolge maskierte Bewaffnete auf drei Mitglieder der radikalen Bewegung, die aus einer Moschee kamen. Die Männer wurden verletzt.

Rund tausend Palästinenser demonstrierten im Zentrum von Gaza gegen die Gewalt. Dabei wurde der 16-Jährige getötet, vier Menschen wurden verletzt. Auch in Ramallah im Westjordanland formierte sich ein Protestzug. Der Machtkampf zwischen den beiden Gruppen eskaliert seit dem Wochenende. Mindestens 60 Menschen wurden seither getötet.

Nahost-Quartett trifft sich in zwei Wochen

Angesichts der eskalierenden Gewalt in den Palästinensergebieten verstärken sich die internationalen Bemühungen um eine Entschärfung der Lage. Das Nahost-Quartett aus USA, Russland, den Vereinten Nationen und der Europäischen Union wird nach russischen Angaben Ende Juni in Kairo zusammentreffen. Geplant sei ein Treffen am 26. und 27. Juni in der ägyptischen Hauptstadt, sagte der russische Außenminister Sergej Lawrow am Mittwoch.

Die EU hat unterdessen die blutigen Kämpfe rivalisierender Palästinensergruppen im Gazastreifen verurteilt. "Wir verurteilen die Gewalt und rufen alle Seiten auf, wieder zum Dialog zurückzukehren", sagte eine Sprecherin der EU-Kommission in Brüssel. "Wir rufen auch dazu auf, alles zu tun, um das Sterben unschuldiger Menschen in der Region zu beenden."

Auch der italienische Ministerpräsident Romano Prodi hat ein Ende der Gewalt im Gazastreifen gefordert. Zugleich suche er nach einem Weg, den Dialog unter den Konfliktparteien wieder in Gang zu bringen, sagte Prodi am Mittwoch in Rom. "Wir können nicht abwarten, es sind sofortige Entscheidungen notwendig." Dies habe auch US-Präsident George W. Bush bei seinem jüngsten Besuch in Rom gesagt.

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