Brüssel:EU-Parlament stimmt für Ashton - unter Vorbehalt

Lesezeit: 2 min

Die erste Befragung der künftigen Außen-Beauftragten fällt milde aus. Ob sie das Kreuzverhör im Januar politisch übersteht, ist unklar.

Martin Winter

Das Europäische Parlament hat die Berufung der Britin Catherine Ashton zur EU-Außenministerin und Vizepräsidentin der europäischen Kommission bestätigt - allerdings nur unter Vorbehalt.

Catherine Ashton: Das Kreuzverhöhr kommt im Januar. (Foto: Foto: dpa)

Im Januar muss sich Ashton wie alle anderen Mitglieder der neuen EU-Kommission Anhörungen und dem Votum der Abgeordneten stellen. Erst dann soll sie in außenpolitischen Sachfragen auf Herz und Nieren geprüft werden, wie es im Parlament heißt.

Ob Ashton, die über keinerlei außenpolitische Vorerfahrung verfügt, diese Anhörungen politisch übersteht, ist durchaus nicht sicher. Sie war von den europäischen Staats- und Regierungschefs Mitte November überraschend berufen worden und trat ihr neues Amt als Hohe Vertreterin für die Außen- und Sicherheitspolitik aus vertragsrechtlichen Gründen bereits am 1.Dezember an.

Bei einem Auftritt vor dem Ausschuss für auswärtige Angelegenheiten des Parlaments, der des großen Andrangs wegen in den Plenarsaal verlegt werden musste, wurde Ashton am Mittwoch zwar noch nachsichtig behandelt. Die Fraktionen hatten sich schon vorab geeinigt, formal für sie zu stimmen und die eigentliche Debatte über sie im Januar zu führen.

Doch schon in diesem zweistündigen Gespräch zeigte sich, dass die Abgeordneten und Ashton möglicherweise eine sehr unterschiedliche Auffassung von der Rolle der Hohen Vertreterin haben.

Unter dem Beifall einiger ihrer Kollegen hielt die Grünen-Abgeordnete Franziska Brantner Ashton vor, sich mehr den Mitgliedstaaten verpflichtet zu fühlen als der Europäischen Union. Ashton hatte als Zweck des ihr demnächst unterstehenden Europäischen Auswärtigen Dienstes (EAD) genannt, "einen Mehrwert für die Mitgliedsländer zu schaffen".

In diese Kerbe hieb auch der CDU-Abgeordnete Elmar Brok. Ashtons "Rollenverständnis" sei "intergouvernemental". Wenn sich diese Orientierung an den Regierungen nicht zugunsten einer solchen am Parlament ändere, "dann kriegen wir im Januar ein Problem", sagte Brok.

Von ihren Parteifreunden bei den Sozialisten wurde Ashton ohne Vorbehalt unterstützt. Auch bei den Liberalen hinterließ sie einen insgesamt guten Eindruck, selbst wenn sie viele der Fragen entweder nicht oder nur sehr allgemein beantwortete. Sie bringe "mehr Kompetenz mit, als manche Kritiker ihr vorab zubilligen wollten", sagte Alexander Graf Lambsdorff (FDP).

Gerade eine seiner Fragen aber hatte sie unbeantwortet gelassen, die ein Schlaglicht auf den bereits im Gang befindlichen Kampf zwischen Ministerrat, EU-Kommission und Parlament um den Einfluss auf die Außenministerin wirft. Lambsdorff hatte von Ashton wissen wollen, ob die "Europäische Nachbarschaftspolitik" künftig Teil der "Erweiterungspolitik" werden solle. Hintergrund ist eine Verfügung von EU-Kommissionspräsident José Manuel Barroso, die bislang bei der EU-Außenkommissarin (die es demnächst nicht mehr gibt) ressortierende Nachbarschaftspolitik künftig dem Erweiterungskommissar zu unterstellen. Damit wäre sie dem Zugriff Ashtons entzogen.

Das hätte politisch wie finanziell weitreichende Konsequenzen: Länder wie Moldawien, die Ukraine oder Weißrussland könnten das als Signal verstehen, dass die Nachbarschaftspolitik der Einstieg zum EU-Beitritt ist. Genau das aber hat sie nach dem Willen der EU nie sein sollen.

Zum anderen würden damit der Außenministerin und dem EAD wesentliche Finanzmittel entzogen. Für die Nachbarschaftspolitik, unter die auch die Mittelmeer-Anrainer in Afrika und im Nahen Osten gehören, stehen zwölf Milliarden Euro im EU-Haushalt.

Da Barroso keine Kontrolle über die Außenministerin hat, ist es aus seiner Interessenlage verständlich, dass er versucht, die Kontrolle über die Nachbarschaftspolitik und das Geld zu behalten. Aber damit verstößt er gegen eine von ihm gegengezeichnete Vereinbarung mit dem Europäischen Rat, also den Regierungschefs, wonach die Nachbarschaftspolitik ausdrücklich bei der Hohen Vertreterin angesiedelt wird.

© SZ vom 03.12.2009 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: