Brüssel:Das Versprechen vom guten Europäer

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Die Slowakei, deren Premier Ängste vor Flüchtlingen schürt, übernimmt am 1. Juli den EU-Vorsitz.

Von Daniel Brössler, Brüssel

Der slowakische Ministerpräsident Robert Fico rennt in Brüssel für gewöhnlich nicht durch weit geöffnete Türen. Unvergessen ist sein Versprechen, er werde "niemals auch nur einen Muslim über die Quotenregelung akzeptieren". Jener Fico, der Ängste vor Flüchtlingsmassen bedient und sich als EU-Rebell geriert, war im jüngsten slowakischen Wahlkampf zu betrachten. Am Mittwoch weilte ein anderer Fico, mitsamt seinem Kabinett, in Brüssel zu Besuch. Es war ein Fico, der sich als Pro-Europäer präsentierte und mit erstaunlich offenen Armen empfangen wurde. Beides hat einen Grund: Am 1. Juli übernimmt die Slowakei von den Niederlanden die EU-Ratspräsidentschaft.

Man werde ein "ehrlicher Makler" sein, versprach bereits am Morgen der slowakische Außenminister Miroslav Lajčák bei einem Frühstück mit allerlei EU-Volk. Die Slowakei habe vom EU-Beitritt stark profitiert, sagte er. "Wir haben viel bekommen und verstehen: Es ist an der Zeit, etwas zurückzugeben." Die slowakische Führung weiß um den Preis ihrer harten Haltung in der Flüchtlingsfrage und ihrer Klage gegen die mehrheitlich beschlossene Verteilung von Flüchtlingen. Die halbjährige EU-Präsidentschaft will sie nun für eine Imagekorrektur nutzen. "Wir nennen Europa unser Zuhause, den Euro unsere Währung, Schengen unsere Zone", sagte Lajčák. Der Minister ist erfahrener Diplomat, bewirbt sich gerade auch für die Stelle des UN-Generalsekretärs und ist in Brüssel gut vernetzt.

"Das heißt nicht, dass wir unsere nationalen Positionen aufgeben."

Ficos Ruf ist ein anderer. Eine gemeinsame Sitzung der EU-Kommission mit der slowakischen Regierung lief am Mittwoch dann aber doch so, dass Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker Fico "meinen Freund" nannte. Allerdings mit leicht mahnendem Unterton: "Ich habe Robert gebeten, ein sehr pro-europäischer Anführer in den nächsten sechs Monaten zu sein. Er hat mir das versprochen und ich habe keine Zweifel daran."

Das Versprechen, ein guter Europäer zu sein, wiederholte der Slowake während seines Auftritts vor der Presse zwar nicht direkt, wohl aber gelobte er, eine gute Ratspräsidentschaft absolvieren zu wollen. Schon bei der Regierungsbildung habe die nahende EU-Präsidentschaft eine große Rolle gespielt. Man habe Wert auf Stabilität gelegt und die europäische Ausrichtung nicht durch "innenpolitische Turbulenzen" gefährden wollen. Voller Energie stürze man sich nun in die Rolle als ehrlicher Makler. Das heiße nicht, "dass wir unsere nationalen Positionen aufgeben. Wir wollen sie aber nicht auf denn Tisch legen."

Als Prioritäten ihrer Präsidentschaft nennt die Slowakei die Stärkung der europäischen Wirtschaft, des Binnenmarkts, eine "nachhaltige" Migrations- und Asylpolitik sowie Freihandel und Erweiterung. Ein besonderes Anliegen ist ihr eine Energieunion. Die EU sei der größte Energieabnehmer, werde aber von den Lieferanten nicht so behandelt, beklagte Lajčák. Klar positionierte er sich gegen das Projekt Nord Stream 2, das mehr Gas aus Russland nach Deutschland bringen soll: "Wir sehen keinen ökonomischen Bedarf für dieses Projekt. Was wir sehen, sind negative politische Implikationen. "

© SZ vom 02.06.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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