Britische Rüstungsexporte nach Libyen:"Made in UK" - Gewehre für Gaddafi

Großbritannien ist ein wichtiger Rüstungslieferant des Gaddafi-Regimes, welche Waffen genau exportiert werden, ist fast ein Staatsgeheimnis. Doch die engen Verbindungen des Königreichs zu Gaddafi gehen über Waffengeschäfte hinaus.

Wolfgang Koydl, London

Politische Karikaturen in der britischen Presse sind oft Geschmackssache, aber diesmal traf Peter Brookes, der Stammzeichner der Times, den Nagel auf den Kopf: Einen Kampf bis zur letzten Patrone gelobt sein düster dreinblickender libyscher Revolutionsführer Muammar al-Gaddafi, und in der rechten Hand hält er ein übergroßes Projektil. Ganz unten steht darauf geschrieben: "Made in UK".

Protest outside Libyan Embassy London

Vor der libyschen Botschaft in London demonstrierten Hunderte Exil-Libyer mit der alten libyschen Flagge gegen das Gaddafi-Regime. Großbritannien ist einer der wichtigsten Waffenlieferanten Libyens. Unter anderem Munition, Tränengas und Gewehre für Scharfschützen wurden in das nordafrikanische Land exportiert.

(Foto: dpa)

Wie viele und vor allem welche Art von Waffen das Vereinigte Königreich in den letzten Jahren an Gaddafis Libyen geliefert hat, ist fast ein Staatsgeheimnis. Von Munition, Tränengas und Gewehren für Scharfschützen ist die Rede - mithin alles Gerät, welches das Regime des "Bruders Oberst" in den letzten Tagen brutal gegen sein eigenes Volk eingesetzt hat.

Libyen freilich ist bei weitem nicht der wichtigste Abnehmer britischer Waffen in der arabischen Welt. Die besten Kunden sitzen traditionell auf der arabischen Halbinsel und im Persischen Golf. Von Sturmgewehren über Panzer bis hin zu Kampfflugzeugen reicht die Liste britischer Produkte, die in die seit langem eng mit Großbritannien verbundene Region verkauft wurden.

Entsprechend geharnischte Kritik hat es deshalb ausgelöst, dass Premierminister David Cameron ausgerechnet jetzt, da die Völker zwischen Marokko und Bahrain gegen ihre autokratischen Herrschaften aufbegehren, an der Spitze einer Delegation von Geschäftsleuten aus der Rüstungsbranche in den Nahen Osten gereist ist. Ziel der Rundreise ist die Idex, die größte Waffenmesse der Region, im Emirat Abu Dhabi.

Cameron verteidigte britische Waffenlieferungen und erklärte, dass London sich immer um Zusagen der Käufer bemühe, dass das Material nicht für die Unterdrückung von Menschenrechten eingesetzt werde. Aber er gab zu, dass entsprechende Versprechen nicht immer eingehalten würden. Dann würde Britannien umgehend Exportlizenzen zurückziehen - wie jetzt im Falle von Bahrain und Libyen geschehen.

Die engen und potentiell peinlichen Verbindungen des Königreichs zu Gaddafis Staat freilich gehen über Waffengeschäfte hinaus. Im Mai 2004 unterzeichnete der britische Öl-Multi British Petroleum unter den glücklich lächelnden Augen des damaligen Premierministers Tony Blair in einem Zelt in der libyschen Wüste einen knapp milliardenschweren Deal zur Erschließung neuer Öl- und Gasvorkommen.

Schon zuvor hatte sich vor allem Blair dafür verwendet, Gaddafis Paria-Regime wieder in die Staatengemeinschaft aufzunehmen - als Belohnung dafür, dass Tripolis sein Programm zur Entwicklung von Massenvernichtungswaffen aufgegeben hatte.

Ein unerfreulicher Nebenaspekt dieses Deals verfolgt die britische Politik bis heute: Nach Überzeugung der USA vereinbarten Briten und Libyer damals auch die Freilassung des Libyers Abdel Basset Ali al-Megrahi aus schottischer Haft. Der ehemalige Geheimagent Gaddafis war als Drahtzieher des Terroranschlages von Lockerbie für schuldig befunden und zu einer lebenslangen Haftstrafe verurteilt worden.

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