Brigitte Zypries:"Feststellung der Vaterschaft erleichtern"

Die Bundesjustizministerin hat sich für Erleichterungen bei der Anfechtung der Vaterschaft ausgesprochen, plädiert aber für das Verbot heimlicher Gentests.

Helmut Kerscher

Der von den Gerichten verlangte "Anfangsverdacht" sei eine zu hohe Zugangshürde für solche Verfahren, sagte die SPD-Politikerin am Dienstag in Karlsruhe bei einer Verhandlung des Bundesverfassungsgerichts über die Bewertung heimlicher Vaterschaftstests.

Denkbar sei auch die Einführung eines Verfahrens auf Feststellung einer Vaterschaft ohne gleichzeitige Anfechtung. Derzeit gebe es jährlich etwa 23.000 Abstammungsprozesse. Zypries plädierte für ein Verbot heimlicher Vaterschaftstests durch ein Gendiagnostikgesetz.

Der Erste Senat des Karlsruher Gerichts verhandelte über die Verfassungsbeschwerde eines Mannes, dessen Anfechtung der Vaterschaft mit Hilfe eines DNS-Tests bis hinauf zum Bundesgerichtshof (BGH) gescheitert war. Sein Anwalt Rüdiger Zuck wies darauf hin, dass sein Mandant nachweislich nur eine zehnprozentige Zeugungsunfähigkeit habe und mit dem Kind nur zweieinhalb Jahre zusammengelebt habe.

Ausgleich von Rechten und Interessen

Im Zentrum stand eine Diskussion über einen möglichst optimalen Ausgleich zwischen den Rechten und Interessen von zweifelnden Väter einerseits sowie von Kindern und Müttern andererseits.

Die Rolle heimlicher Vaterschaftstests, bei denen Haare oder Kaugummis von Kindern mit einer Speichelprobe verglichen werden, blieb umstritten. Die Fragen der Richter zielten in unterschiedliche Richtungen. So interessierte sich Gerichtspräsident Hans-Jürgen Papier besonders für einen bayerischen Gesetzentwurf, wonach Väter einen Rechtsanspruch auf einen offenen und legalen Abstammungstest haben sollten.

Richter Brun-Otto Bryde zweifelte an der gerichtlichen Verwertbarkeit eines heimlichen Gentests, wenn "mir jemand ein Haar wegnimmt". Demgegenüber wies Richter Udo Steiner auf einen möglichen Vorteil heimlicher Vaterschaftstests hin, die bisher in 80 Prozent der Fälle die Vaterschaft bestätigt hätten.

Die Zweifel des Mannes, deren Bekanntwerden zu einer schweren Kränkung der Mutter führen könnten, würden dabei nicht öffentlich. Zypries stellte demgegenüber heimliche Tests auf eine Stufe mit etwaigen Versuchen von Arbeitgebern oder Versicherungsvertretern, heimlich gentechnische Analysen vornehmen zu lassen. Dies sei ein Verstoß gegen das Recht auf informationelle Selbstbestimmung.

Der Erste Senat verhandelte auch über die Kostenübernahme bei künstlichen Befruchtungen durch die gesetzlichen Kassen. Das Sozialgericht Leipzig will ein Gesetz für verfassungswidrig erklären lassen, wonach nur verheiratete Paare einen Anspruch auf Übernahme der Kosten haben. Eine 34-Jährige will, dass die AOK Sachsen die Kosten übernimmt. Berichterstatter Steiner wies darauf hin, dass die Zahl der nach einer künstlichen Befruchtung Geborenen von 16.000 im Jahr 2003 auf 6000 im Jahr 2004 gesunken sei. 2004 wurde die Kostenerstattung durch die Krankenkassen auf 50 Prozent beschränkt.

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