Brexit:Trump riet May: "Verklagen Sie die EU"

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  • In einem BBC-Interview verrät die britische Premierministerin May, was Trump ihr für die Brexit-Verhandlungen empfohlen habe: "Verklagen Sie die EU!"
  • Britische Medien gehen davon aus, dass sich der US-Präsident über Mays Auftritt ärgern wird.
  • Die parteiinternen Kritiker forderte sie auf, ihre umstrittene Brexit-Strategie nicht länger zu boykottieren: "Wir müssen das Ziel im Auge behalten, sonst laufen wir Gefahr, am Ende ganz ohne Brexit dazustehen."

Während sich US-Präsident Donald Trump am Sonntagvormittag auf seinem Golfplatz im schottischen Turnberry auf das Gipfeltreffen mit Wladimir Putin vorbereitet, lässt sich Theresa May in ein Londoner TV-Studio fahren. Die britische Premierministerin gab BBC-Moderator Andrew Marr ein Interview und natürlich stellt dieser die entscheidende Frage zu den laufenden Brexit-Verhandlungen: "Das ganze Land will es wissen: Welchen brutalen Rat hat Ihnen Trump gegeben?"

Darauf antwortet die sichtlich amüsierte May: "Er hat mir gesagt, ich solle die EU verklagen. Gehen Sie nicht in Verhandlungen, verklagen Sie die EU!" Sie habe dies natürlich nicht beherzigt, teilte die konservative Politikerin mit und Trump entgegnet, dass ihre Regierung sehr wohl mit der Europäischen Union verhandeln werde. Britische und internationale Medien gehen davon aus, dass Mays Interview als "Herabsetzung" Trumps interpretiert werden wird und diesen verärgern dürfte.

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Nach harscher Kritik an Mays Plänen gibt sich der US-Präsident beim gemeinsamen Auftritt handzahm: Der Brexit gehe ihn nichts an. Die britische Premierministerin kündigt ein Handelsabkommen an.

Der US-Präsident hatte direkt vor seiner Ankunft in London am Donnerstag in einem Interview mit der Boulevardzeitung The Sun Mays Brexit-Strategie kritisiert und sich beklagt, dass sie seine Verhandlungstipps zum Austritt Großbritanniens aus der EU nicht beherzige. Dass Trump im gleichen Interview Mays Widersacher Boris Johnson überschwänglich als "tollen Premierminister" lobte, machte den Affront komplett. Bei ihrer Pressekonferenz am Freitag hatten May und Trump über Details der Vorschläge geschwiegen: Der US-Präsident teilte nur mit, diese seien der Britin "zu brutal" gewesen.

May verteidigt ihren Kurs auf allen Kanälen

In der BBC zeigte sich May kampfeslustig und kündigte an, gegen interne Gegner um ihr Amt kämpfen zu wollen. Via Facebook versuchte May unterdessen, Großbritannien gegen den Druck aus den eigenen Reihen und den USA auf ihren vergleichsweise moderaten Brexit-Kurs einzustimmen. "Meine Botschaft an das Land dieses Wochenende ist einfach: Wir müssen im Blick behalten, was auf dem Spiel steht", schrieb sie.

Sie appellierte an die Bürger, ihre Vorstellungen von einem unternehmensfreundlichen Ausstieg aus der EU mitzutragen. Die Regierungschefin steht wegen ihrer Brexit-Strategie in ihrer konservativen Partei im Kreuzfeuer, zuletzt traten aus diesem Grund der zuständige Minister David Davis sowie Außenminister Boris Johnson zurück.

Zur umfassenden Medienoffensive der 61-Jährigen gehörte auch ein Gastbeitrag für die Zeitung Mail on Sunday. Darin warnt sie die parteiinterne Kritiker davor, durch einen Boykott ihrer Brexit-Strategie den geplanten EU-Austritt des Vereinigten Königreichs komplett aufs Spiel zu setzen. "Wir müssen das Ziel im Auge behalten, sonst laufen wir Gefahr, am Ende ganz ohne Brexit dazustehen", schrieb die Vorsitzende der konservativen Tories.

Sie nehme die Bedenken mancher Parteimitglieder gegen ihren Kurs wahr, allerdings hätten diese bis heute keine "praktikable Alternative" vorgelegt. Deshalb sei ihr "praktischer und pragmatischer" Ansatz das Mittel der Wahl.

Knapp neun Monate vor dem EU-Austritt am 29. März 2019 beteuerte May, sie nehme eine knallharte Verhandlungsposition in den Gesprächen mit Brüssel ein. Bei ihrem Weißbuch handele es sich auch nicht "um eine lange Wunschliste, aus der sich die Unterhändler die Rosinen rauspicken können. Es ist ein vollständiger Plan mit einer Reihe von nicht verhandelbaren Ergebnissen."

Ob Michel Barnier, der Chef-Unterhändler der EU-Kommission für den Brexit, dies auch so sieht, darf bezweifelt werden.

© SZ.de/Reuters/AP/dpa/mati - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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