Brexit:Später Mut

Tony Blair wirbt für die EU - doch das ist nun vergebens.

Von Christian Zaschke

Tony Blair, der ehemalige Premierminister, hat am Freitag die vielleicht beste Rede gehalten, die in Großbritannien seit Jahren zum Thema Brexit zu hören war. Sie war durchdacht, luzide, und Blair hat sie mit einer Leidenschaft vorgetragen, die man auch in seiner Zeit als Regierungschef selten sah. Das Problem ist: Sie kam viel zu spät. Das Thema ist erledigt.

Die Mehrheit der Wähler Großbritanniens hat im vergangenen Jahr in einer Volksabstimmung beschlossen, aus der EU auszutreten. Ganz gleich, ob diese Entscheidung gut ist für das Vereinigte Königreich oder die EU: Sie ist unumkehrbar. Wer das Volk in einem Referendum befragt, muss sich anschließend dem Votum beugen. Alles andere wäre eine Unterwanderung der Demokratie.

Worauf Blair in seiner Rede hinwies, war die Tatsache, dass kein Wähler wissen konnte, worum es genau ging. Er legte schlüssig dar, warum der Brexit niemandem nützt, auch nicht den Briten. Blair warb für ein Umdenken, und das ist mutig im derzeit herrschenden politischen Klima. Er wird von EU-Gegnern beschimpft werden, das weiß er. Blair ist wegen seiner fatalen Entscheidung, Großbritannien in den Irak-Krieg zu führen, verhasst im Land wie kaum ein Politiker. Aber mit seiner Intervention für ein neues Nachdenken über den Brexit, so vergeblich sie sein mag, hat er gezeigt, dass er zumindest als ehemaliger Premierminister trotz Gegenwinds für seine Prinzipien einstehen kann.

© SZ vom 18.02.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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