Brexit:Hitler funktioniert immer

Der egomanische Boris Johnson will Premier werden.

Von Christian Zaschke

So gut wie alles, was der ehemalige Londoner Bürgermeister Boris Johnson tut, folgt einem Kalkül. Seine Haare verwuschelt er vor Auftritten sorgsam, um volksnah zu wirken. Die oft miserabel sitzenden Anzüge sind aus dem gleichen Grund gewählt. Seine scheinbar spontanen und meist witzigen Einlassungen probt er Wort für Wort. Und so ist anzunehmen, dass er auch seinen EU-Hitler-Vergleich geplant hat, weil er wusste, was passiert: Aufregung allerorten.

In der Sache hat Johnson nichts Spektakuläres gesagt. So wie Napoleon und eben Hitler gehe es der EU darum, einen europäischen Superstaat zu schaffen. Die EU- Debatte besteht in Großbritannien mittlerweile in weiten Teilen aus Polemik, und so wäre es leicht gewesen, auch diese Äußerung schulterzuckend als dummes Zeug abzutun. Aber Hitler funktioniert auf der Insel nun mal immer.

In den Medien wird diskutiert, ob man das darf, der Guardian fragt rührend besorgt, was wohl die Deutschen über den Vergleich denken (was die Franzosen denken, fragt niemand). Über das eigentliche Thema, ob die Mitgliedschaft in der EU das Land tatsächlich bremst oder vielleicht doch eher von Vorteil ist, spricht gerade mal wieder keiner. Johnson darf seine Äußerung als vollen Erfolg verbuchen: Erneut steht er im Zentrum aller Aufmerksamkeit, und das ist das Wichtigste für diesen Mann, dessen Lebensziel es ist, Premier anstelle des Premiers zu werden.

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