Bremen:Was bleibt, ist Schadenfreude

Parteien nach Bürgerschaftswahl in Bremen

Die Chefin lobt das "schöne Ergebnis": Angela Merkel (von links) mit der Bremer CDU-Spitzenkandidatin Elisabeth Motschmann und Julia Klöckner.

(Foto: Stephanie Pilick/dpa)

Die CDU tröstet sich auch mit dem Verweis auf den Einbruch von Rot-Grün.

Von Robert Roßmann, Berlin

Es ist eine Zahlenreihe, die die Union gerade das Fürchten lehrt: 23,0 - 15,9 - 22,6. Hinter den Prozentzahlen verstecken sich die CDU-Ergebnisse der letzten drei Wahlen in Brandenburg, Hamburg und Bremen. Im Bund mag die Union in den Umfragen konstant bei 40 Prozent liegen, doch in den Ländern und Kommunen reiht sie eine Niederlage an die andere. Die CDU stellt nur noch vier der 16 Ministerpräsidenten. In den zehn größten deutschen Städten gibt es keinen einzigen Oberbürgermeister der Union mehr.

In Bremen hat es die CDU jetzt sogar geschafft, trotz des Einbruchs von Rot-Grün und der katastrophalen Lage der Stadt gegenüber der letzten Bürgerschaftswahl Stimmen zu verlieren. Nur wegen der gesunkenen Wahlbeteiligung hat die CDU bei den Prozentzahlen leicht zugelegt. Die 22,6 Prozent vom Sonntag sind das zweitschlechteste CDU-Ergebnis der vergangenen fünfzig Jahre.

Umso erstaunlicher war Angela Merkels Auftritt am Montag im Adenauer-Haus. Die CDU-Chefin lobte das "schöne Ergebnis" ihrer Partei. Der "engagierte, leidenschaftliche, auch fröhliche und optimistische Wahlkampf" der CDU-Spitzenkandidatin Elisabeth Motschmann habe "sich ausgezahlt", sagte Merkel. Die CDU habe zugelegt, "das freut uns sehr".

Die Ausgangslage für die Union war tatsächlich nicht leicht, sie hatte ausweislich aller Umfragen keine Machtoption. Dass die rot-grüne Mehrheit in Gefahr geraten könnte, hatte vor Sonntagabend niemand gedacht. Für viele CDU-Anhänger gab es deshalb kein besonders starkes Motiv, zur Wahl zu gehen. Für andere war es attraktiver, der FDP bei der Wiederauferstehung zu helfen als ihre Stimme bei der CDU machtpolitisch zu verschenken.

Präsidiumsmitglied Jens Spahn fordert eine bessere Auswahl der Kandidaten

Dass die Stimmung bei der CDU nicht ganz so schlecht ist wie das Ergebnis, liegt auch am katastrophalen Resultat von Rot-Grün. Nichts wärmt so sehr wie Schadenfreude. Trotzdem wagten es am Montag einige Unionisten, Wasser in den Wein zu schütten. Zu ihnen gehörte Jens Spahn. Das CDU-Präsidiumsmitglied macht sich schon länger Sorgen um den Unterbau seiner Partei. Dass die Grünen inzwischen in mehr Bundesländern mitregieren als die CDU, ist ihm ein Graus.

Spahn klagte, seine Partei habe "eine Tendenz, zu oft die Kandidaten aufzustellen, die zwar der Partei gefallen, aber nicht der Mehrheit der Bürger". Er verlangte deshalb "mehr Mitsprache aller Mitglieder bei der Kandidatenauswahl". Außerdem müsse die CDU endlich wieder mit ihren Kernthemen durchdringen, forderte Spahn. Die CDU brauche ein "klares Profil, auch und gerade in der großen Koalition". Dazu gehören für Spahn die Themen Wirtschaft und Innere Sicherheit. Mit der Vorratsdatenspeicherung und dem Abbau der kalten Progression passiere da jetzt endlich was, so Spahn. "In dieser Richtung" müsse es jetzt aber auch weitergehen.

Ganz so einfach dürfte das aber nicht werden. In der CDU gibt es inzwischen zwar drei Kommissionen, die sich mit dem künftigen Parteiprofil in wichtigen Fragen befassen. Auf dem Bundesparteitag im Dezember soll über die Ergebnisse beraten werden. Aber der fehlende Erfolg in den Ländern hat natürlich auch mit dem Erfolg der Union im Bund zu tun. Merkel ist seit zehn Jahren Kanzlerin. Da ist es normal, dass die Kraft ihrer CDU in den Ländern schwindet. Die Bürger haben ein feines Gespür für die checks and balances in einem Bundesstaat, darunter haben auch frühere Kanzler gelitten. Außerdem mag Merkels pragmatisch-unbestimmte Art den Erfolg der Union im Bund garantieren. In den Ländern zahlt die CDU dafür aber einen hohen Preis. Viele Bürger wissen nicht mehr, für was die Union wirklich steht. Wer Ministerpräsidenten aus dem Amt heben will, braucht dafür aber klare Überzeugungen und Leidenschaft. Beides gibt es in der Merkel-CDU nicht gerade im Übermaß.

Und so tröstet sich die Partei gerne mit dem Verweis auf Statistiken und knappe Niederlagen. In Niedersachsen, Thüringen und Schleswig-Holstein habe die CDU die Macht nur äußerst knapp verloren, heißt es. Ohne Fukushima würde Baden-Württemberg noch von der CDU regiert. Und bei den jeweils letzten Wahlen in den 16 Bundesländern habe die Union im Schnitt 35 Prozent erzielt, die SPD nicht einmal 30 - so schlimm stehe es also um die CDU in den Ländern gar nicht. Die Zahlen stimmen zwar, sie helfen der Union aber nicht. Am Ende kommt es darauf an, wer den Ministerpräsidenten stellt - und das ist immer öfter die SPD.

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