Bremen:Sektattacke kostet Regierungsvize Gloystein das Amt

Ein CDU-Senator mit Sektflasche trifft auf einen Obdachlosen - und ist einen Tag später seinen Posten los.

Einen Tag nach einer Sektattacke auf einen arglosen Mann ist Bremens Wirtschaftssenator Peter Gloystein (CDU) am Donnerstag von seinem Amt zurückgetreten.

Peter Gloystein (li.) neben Udo Oelschlaeger

Der Senator und sein "Opfer": Peter Gloystein (li.) neben Udo Oelschlaeger

(Foto: Foto: AP)

Mit dem Schritt wolle er Belastungen für das Land, für den Senat und für die Regierung von SPD und CDU vermeiden, heißt es in einem Schreiben Gloysteins an Bürgermeister Henning Scherf (SPD).

Zugleich äußerte der 59-Jährige sein "aufrichtiges" Bedauern über den Vorfall. Es habe sich um eine Affektreaktion in einer Situation gehandelt, die er fehlgedeutet habe. Eine Herabwürdigung des Opfers habe er nicht beabsichtigt.

Der Vorsitzende der SPD-Fraktion in der Bremischen Bürgerschaft, Jens Böhrnsen hatte Gloystein nach dem Vorfall zu Konsequenzen aufgefordert. Der Senator habe sich aus dem "Konsens der Koalitionspartner" verabschiedet.

Anzeige wegen Beleidigung und Körperverletzung

Auch die oppositionellen Grünen hatten den Rücktritt des 59 Jahre alten CDU-Politikers verlangt und einen Misstrauensantrag in der Bürgerschaft angekündigt.

Gloystein hatte am Mittwochnachmittag bei der Eröffnung eines Weinfestes einem Zuhörer von der Bühne herab Sekt aus einer Flasche über den Kopf gegossen.

Der Arbeitslose stand nach Angaben von Augenzeugen direkt vor der Bühne. "Der Mann hat aber nicht herumgepöbelt", sagte der Journalist und Augenzeuge Thomas Kuzaj von der in Syke erscheinenden Kreiszeitung.

Sektattacke kostet Regierungsvize Gloystein das Amt

Ein Sprecher Gloysteins sagte, der Senator habe die Idee gehabt, dem Mann den Sekt in den Mund zu gießen. Das Opfer habe sich mit dem Kopf weggedreht und den Sekt dann abbekommen.

Momente nach der Tat: der Obdachlose begossen, der Senator strahlt

Momente nach der Tat: der Obdachlose verharrt begossen, der Senator strahlt mit seiner Magnum-Flasche

(Foto: Foto: AP)

"Das fand der Mann nicht so witzig und hat die Polizei informiert", sagte Polizeisprecher Ronald Walther. Nach Angaben von Kuzaj hatte der Mann seinen Mund gar nicht in Richtung des Wirtschaftssenators gedreht gehabt.

Gloystein, der auch zweiter Bürgermeister und damit Stellvertreter von Regierungschef Henning Scherf (SPD) war, hatte nach eigenen Angaben noch am gleichen Abend ein "langes und intensives Gespräch" mit dem Mann geführt und sich dabei entschuldigt.

Erst seit August 2004 im Amt

Der 42-Jährige hatte Anzeige wegen Beleidigung und Körperverletzung erstattet. Nach Medienberichten soll Gloystein seinem "Opfer" einen wertvollen Kugelschreiber angeboten haben. Dies habe der Mann mit der Erklärung abgelehnt, er lasse sich nicht bestechen.

Der CDU-Politiker gehörte der SPD/CDU-Landesregierung erst seit dem August vergangenen Jahres an. Zuvor war er als Bankmanager tätig. Die CDU hatte ihn nach dem Rücktritt von Wirtschaftssenator Hartmut Perschau für den einflussreichen Posten im Bremer Senat benannt.

Bürgermeister Henning Scherf (SPD) hatte wegen des Vorfalls mit dem Wirtschaftssenator telefoniert. Gloystein wisse, dass er sich zu dieser Sache nicht hätte hinreißen lassen dürfen, sagte Regierungssprecher Klaus Schloesser im Namen von Scherf.

Auch Bremens CDU-Chef Bernd Neumann schaltete sich ein. Sein Sprecher Michael Ihly wies später auf Gloysteins Entschuldigung hin. "Von daher ist die Sache für uns erledigt", hatte Ihly im Laufe des Donnerstags erklärt.

Dagegen hatte die Grünen-Fraktionsvorsitzende Karoline Linnert gesagt: "Dafür gibt es keine Entschuldigung." Gloystein schade dem Land Bremen.

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