Breitscheidplatz:Der Riss

Warum "islamistisch" auf dem Mahnmal fehlen soll.

Von Matthias Drobinski

In München, am Eingang der Oktoberfestwiese, steht eine Stele, "zum Gedenken an die Opfer des Bombenanschlags vom 26. 9. 1980". So ist es auf ihr eingraviert, zusammen mit den Namen der zwölf Menschen, die hier durch Mörderhand starben. Was nicht auf dieser Stele steht: dass der Mörder ein Rechtsradikaler war. Das ist richtig. Wer hier vorbeikommt, soll der Opfer gedenken - nicht der Tat und schon gar nicht des Täters.

Deshalb ist es richtig, dass das Wort "islamistisch" fehlen soll auf dem Denkmal, das demnächst auf dem Berliner Breitscheidplatz an die Toten des islamistischen Anschlags dort vor bald einem Jahr erinnern soll - auch, wenn Politiker der AfD und der CDU sich darüber empören. Ja: Die Ideologie des Attentäters Anis Amri gehört benannt, und auch, dass der Staat den islamistischen Terror bekämpfen muss. Nur ist das Mahnmal der falsche Ort dafür. Der Riss quer über den hässlich unbehausten Platz ist ein gutes Symbol: Hier wurde eine Wunde geschlagen. Die Narbe soll sichtbar bleiben, der Schmerz nicht einfach vergehen. Dies ist kein Ort für Kampfesrhetorik.

Auch in Nizza fehlt dem Denkmal für die 86 Toten des dortigen Attentats der Hinweis auf das Motiv des Mörders. Es wäre ein später Triumph für den untergehenden IS, würden nun die Berliner dieser Ideologie ein paradoxes Denkmal setzen. Und es wäre ein Schlag für die Angehörigen der Getöteten: Wieder einmal gehörte die öffentliche Aufmerksamkeit dem Täter. Die Opfer wären zweitrangig.

Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: