Brasilien:Sauber, Mann!

Temer hätte nie Präsident werde dürfen, nun könnte er stürzen.

Von Boris Herrmann

Wieder geistert das Wort Impeachment durch Brasilien, ziemlich genau ein Jahr nachdem die gewählte Präsidentin Dilma Rousseff auf diese Weise ihr Amt verloren hat. Diesmal betrifft es den Mann, der sie damals ablöste oder, wie Rousseff sagen würde, der den Putsch koordinierte: Michel Temer. Der extrem unbeliebte Staatspräsident steht im Zentrum eines Politkrimis, in dem es um abgehörte Gespräche und heimliche Geldkofferübergaben geht. Es ist ein Plot, mit Temer als Bösewicht. Telefonmitschnitte legen nahe, dass er versuchte, den Mitwisser eines Korruptionsnetzwerkes mit Bargeld zum Schweigen zu bringen. Der Oberste Gerichtshof ermittelt, es wird eng.

Seit Temer sein Amt mit rechtlich fragwürdigen Mitteln, aber umso größerem moralischen Eifer übernahm, inszeniert er sich als Saubermann. Dabei konnte niemand glauben, dass ausgerechnet Temer sein Land aus dem Korruptionssumpf ziehen würde, der Brasilia seit drei Jahren erschüttert. Er ist die prägende Figur einer Partei, die keinen der großen Skandale ausgelassen hat. Wegen illegaler Wahlkampfspenden wurde er 2016 für Kandidaturen für alle öffentliche Ämter gesperrt. Staatschef wurde er trotzdem, dafür musste er ja nicht kandidieren.

Auch aus Temers bröckeliger Koalition mehren sich nun Rufe nach einem Amtsenthebungsverfahren. Besser für Brasilien wäre gewesen, wenn er das Amt nie angetreten hätte.

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