Brandenburg:Dauerbaustelle

Bauplatz für Synagoge

Langer Streit: Mit diesem Plakat wirbt eine jüdische Gemeinde seit einiger Zeit für den Bau einer Synagoge.

(Foto: Ralf Hirschberger/dpa)

In Potsdam soll eine Synagoge gebaut werden - doch das Projekt scheitert am Streit der vier jüdischen Gemeinden. Ein neuer Plan soll den Konflikt nun lösen.

Von Jens Schneider, Potsdam

Ein Bauplatz ist längst gefunden. In der Mitte der Stadt Potsdam, gleich beim neuen Landtagsschloss, soll in der Schlossstraße endlich wieder eine Synagoge entstehen, so ist das beschlossen worden, vor Jahren schon. In der Landeshauptstadt Brandenburgs leben inzwischen wieder etwa 800 Juden, sie brauchen ein Gotteshaus. Für den Bau steht auch das nötige Geld schon lange zur Verfügung, die Landesregierung in Brandenburg hat etwa fünf Millionen Euro dafür vorgesehen. Es gibt einen Entwurf für den Bau, vor sechs Jahren gewann das Berliner Architektenbüro Haberland den Wettbewerb. Und doch weist derzeit nur ein Transparent in der Schlossstraße darauf hin, dass hier einmal ein Gotteshaus entstehen soll. Geschehen ist seit Jahren nichts, sieht man von ständigem Streit ab, den erbitterten Fehden der jüdischen Gemeinden in Potsdam. Sie konnten sich nicht einigen, wie das Gotteshaus gestaltet und genutzt werden soll.

Jetzt hat Brandenburgs Kulturministerin Sabine Kunst, deren Haus sich seit Jahren um eine Schlichtung bemühte, eine mögliche Lösung präsentiert. Die Zentralwohlfahrtstelle der Juden in Deutschland ZWST soll das Gebäude an der Schlossstraße als Träger führen. Die ZWST ist als Dachverband der Wohlfahrtspflege für etwa 100 jüdische Gemeinden eine angesehene Institution. Bauen wird die Landesregierung. Geplant ist nun ein jüdisches Zentrum mit einer Synagoge als Kern. Es soll den Gemeinden zur Verfügung stehen für Gottesdienste und für Versammlungen, Konzerte oder auch Schulungsveranstaltungen. Die ZWST soll die vier jüdischen Gemeinden in Potsdam zu einem Kompromiss führen.

Der Stillstand belastete die Landesregierung seit Langem, bis vor Kurzem war Brandenburg das einzige Bundesland ohne jüdisches Gotteshaus. Inzwischen gibt es zwar eine Synagoge in Cottbus, aber eben keine in der Landeshauptstadt. Nun sagt die parteilose Ministerin Sabine Kunst mit ein wenig Zuversicht: "Ja, wir sehen es so, dass dies das Durchschlagen eines gordischen Knotens ist." Eine jüdische Einrichtung könne den Konflikt offenbar besser lösen als die Landesregierung.

Die Einrichtung eines jüdischen Zentrums in der historischen Mitte Potsdams sei dem Land ein "fundamentales Anliegen", sie werde ein Symbol dafür sein, dass jüdisches Leben in Potsdam wieder dort präsent sein kann, "wo es hingehört: im Herzen der Stadt." Freilich lässt sich noch nicht sicher sagen, ob und wie dieser Weg funktionieren wird. Ihre Hoffnung ist, dass die ZWST als Träger des Projekts den Streit der vier Gemeinden auflösen kann, "weil sie genug Abstand hat", so der zuständige Staatssekretär Martin Gorholt. Der Vorsitzende der ZWST und Vizepräsident des Zentralrats der Juden, Abraham Lehrer, präsentierte das Konzept gemeinsam mit der Ministerin. "Wir sind guten Mutes, dass wir eine Verständigung der Gemeinden erreichen können", sagte Lehrer. Er hoffe, die emotionalen Aspekte an den Rand drängen zu können.

Zwei der Gemeinden hätten, so sagt Lehrer, diese Woche nach einem zunächst kontroversen Vorgespräch ihre grundsätzliche Bereitschaft zur Zusammenarbeit signalisiert. Mit ihnen habe er schon länger Arbeitskontakte, mit den beiden anderen Gemeinden werde er erst das Gespräch suchen müssen, um ein Konzept zu entwickeln. Eine von ihnen reagierte am Dienstag aber bereits mit harscher Kritik. Es wird also kein leichter Weg, der Streit der Gemeinden galt zuletzt als unlösbar, bei der Präsentation des neuen Konzepts waren keine Vertreter der Gemeinden dabei.

Lehrer verspricht, geduldig zu sein, sich Zeit zu nehmen für die Gespräche über das neue Haus mit den Gemeinden, die wie auch anderswo in Ostdeutschland erst nach der Wiedervereinigung wieder neu gewachsen sind. Keine der vier Gemeinden solle ausgeschlossen werden. Aber wenn eine das Gespräch ablehne, "werden wir uns mit denjenigen einigen, die mitmachen". Auch Ministerin Sabine Kunst sagt: "Es gibt die Errichtung dieses Zentrums, notfalls auch, ohne dass alle Gemeinden mitmachen." Aber noch hat Lehrer Zeit. Es gibt keinen Termin für den Baustart, im Spätherbst 2017, also in mehr als zwei Jahren, soll das Jüdische Zentrum Potsdam in Betrieb gehen.

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