Brandanschlag in Sachsen-Anhalt:Wie sicher ist Tröglitz für Flüchtlinge?

Brand in geplanter Asylbewerberunterkunft

Die Sanierung des verkohlten Dachstuhls soll einen sechsstelligen Betrag kosten. Für die Flüchtlinge werden nun Ausweichquartiere gesucht.

(Foto: Hendrik Schmidt/dpa)
  • In Tröglitz verzögert sich nach dem Brandanschlag auf eine geplante Flüchtlingsunterkunft die Aufnahme der Asylbewerber. Doch nach wie vor sollen insgesamt 40 Menschen in dem Ort in Sachsen-Anhalt untergebracht werden.
  • Der Landrat des Burgenlandkreises erhält nach Morddrohungen Personenschutz.
  • Das Land Sachsen-Anhalt hat für Hinweise zur Ergreifung der womöglich rechtsextremen Brandstifter 20 000 Euro Belohnung ausgelobt.

Von Cornelius Pollmer, Dresden

Wer den Schaden in Tröglitz angerichtet hat, ist auch am vierten Tag nach dem Brandanschlag auf eine geplante Flüchtlingsunterkunft noch unklar, doch lässt sich dieser Schaden nun zumindest zaghaft beziffern. Rein materiell ist es so, dass die Sanierung des verkohlten Dachstuhls und weiterer Brandfolgen wohl einen sechsstelligen Betrag kosten wird. Ganz praktisch gesehen besteht der Schaden auch darin, dass in Folge des mutmaßlichen Anschlags das Konzept zur Unterbringung umgestellt werden muss. Ursprünglich sollten Ende Mai 40 Flüchtlinge nach Tröglitz kommen.

Weil das angefackelte Mehrfamilienhaus bis dahin nicht saniert werden kann, werden die Flüchtlinge nun zunächst in Privatunterkünften einquartiert. Ziel sei es, für zunächst "acht, zehn oder zwölf Flüchtlinge" privaten Wohnraum zu beschaffen, teilte ein Sprecher des Landesinnenministeriums am Dienstag mit. Mehrere Angebote dafür lägen vor, sagte der Landrat des Burgenlandkreises, Götz Ulrich, in Magdeburg.

Auch Ex-Bürgermeister Nierth hat Wohnraum angeboten

Unter anderem hat der zurückgetretene Ortsbürgermeister von Tröglitz, Markus Nierth, Wohnraum angeboten. Dieses und andere Angebote müssen zunächst von der Ausländerbehörde auf Eignung überprüft werden. Zudem sind weitere Ausweichquartiere an anderen Stellen des Ortes geplant. Landrat Ulrich betonte, dass an der Zahl der Flüchtlinge generell festgehalten werde, nur der Zeitplan für deren Unterbringung werde sich wegen des Anschlags nach hinten verschieben. Auch der Innenminister von Sachsen-Anhalt, Holger Stahlknecht (CDU), versicherte, man werde vom ursprünglichen Ziel nicht ablassen. Stahlknecht sagte: "Ich denke, dass wir gar keine andere Entscheidung treffen können."

Die Frage ist dann allerdings auch, wie wohl sich fremde Menschen in einem Ort fühlen können, von dem sie wissen, dass er im Widerstreit um die Aufnahme von Flüchtlingen mindestens bundesweite Aufmerksamkeit erfahren hat. Hundertprozentige Sicherheit könne es nicht geben, sagte Stahlknecht am Dienstag, eine Binse, aber nun mal keine falsche.

Der Landrat verspricht Schutz - und braucht ihn selbst

Sachsen-Anhalt jedenfalls versucht, sichtbares Bemühen zu zeigen. 20 000 Euro hat das Landeskriminalamt ausgelobt auf Hinweise zur Ergreifung der womöglich rechtsextremen Brandstifter, eine 17-köpfige Ermittlergruppe hat den Fall übernommen. Holger Stahlknecht sagte, es sei Aufgabe der Landesregierung, "in Tröglitz Alltag einkehren zu lassen". Und Götz Ulrich versprach, man werde einen Wachschutz für die Flüchtlingsunterkünfte organisieren. Der Wach- und Personenschutz für Götz Ulrich selbst ist inzwischen organisiert worden. Der Landrat hatte nach dem Brandanschlag auf das Mehrfamilienhaus in der Nacht auf Samstag Morddrohungen erhalten. Ihm hatten Unbekannte mit Enthauptung gedroht.

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