Boris Johnson:Der erfolgreiche Donut-Stratege

Der konservative Boris Johnson galt zunächst als Verlegenheitskandidat der Konservativen für das Bürgermeisteramt in London - nun wird er die Stadt regieren.

Wolfgang Koydl, London

Auf den Hauptpreis mussten die britischen Konservativen lange warten. Erst Freitagnacht zeigte sich, dass die Tories bei den Lokalwahlen in England und Wales nicht nur in Städten und Landkreisen wie Bury, Redditch oder Solihull die Mehrheit errungen, sondern zum ersten Mal in Jahrzehnten auch die Hauptstadt London erobert hatten.

Boris Johnson: Boris Johnson vertrieb sich die lange Wartezeit und ging am Freitagmorgen erst mal joggen.

Boris Johnson vertrieb sich die lange Wartezeit und ging am Freitagmorgen erst mal joggen.

(Foto: Foto: dpa)

Wie die Wahlleitung in London in der Nacht zum Samstag mitteilte, konnte sich der Kandidat der Konservativen Partei, Boris Johnson, knapp gegen Amtsinhaber Ken Livingstone durchsetzten. Laut amtlichem Ergebnis erhielt Johnson fast 1,17 Millionen Stimmen, Livingstone 1,03 Millionen.

London war immer eine Hochburg der Sozialisten gewesen. Als Premier Tony Blair 1997 erstmals auch das Bürgertum in den Vorstädten auf seine Seite zog, schien Labours Mehrheit unangreifbar zu sein. Doch gerade die bürgerliche Mittelklasse war es, die Labour und Amtsinhaber Ken Livingstone in Scharen davonlief.

Der "Rote Ken" war seit der Wiedereinführung des Amtes im Jahr 2000 Bürgermeister gewesen. Trotz seiner oft linksradikalen Rhetorik waren ihm deutliche Verbesserungen zugutegehalten worden. Dazu gehörten eine City-Maut für Autofahrten ins Stadtzentrum, die Genehmigung einer Schnellbahnlinie, die den Westen und den Osten der Stadt miteinander verbinden soll, und die Ausrichtung der Olympischen Spiele 2012.

Skandale belasten Amtsinhaber Livingstone

Für seine Niederlage machen politische Beobachter eine Reihe von Skandalen verantwortlich, die Livingstone in Misskredit gebracht hatten. Dazu zählten Vorwürfe des Amtsmissbrauchs bei der Vergabe von städtischen Finanzmitteln. Aber auch der landesweit verbreitete Überdruss an der Labour-Regierung dürfte auf das Ergebnis in London durchgeschlagen haben. Es gilt als sicher, dass Livingstone Premierminister Gordon Brown persönlich für seine Niederlage die Schuld geben wird.

Das Verhältnis zwischen beiden Männern ist ohnehin gespannt. Bei der Wahl 2000 war Livingstone als Unabhängiger angetreten, nachdem Blair und Brown seine Kandidatur zu verhindern gesucht hatten. Erst 2004 hatte sich die Partei mit ihm wieder ausgesöhnt. Aber auch im zurückliegenden Wahlkampf hatte Livingstone mehr auf die eigene Persönlichkeit als auf die Hilfe Browns und der Partei gesetzt.

Für den neuen Bürgermeister Boris Johnson ist das Ergebnis ein überraschender persönlicher Erfolg. Ursprünglich war der konservative Unterhausabgeordnete eher ein Verlegenheitskandidat gewesen, nachdem seine Partei lange vergeblich nach einem aussichtsreichen Bewerber Ausschau gehalten hatte.

Erhöhung der City-Maut soll abgeschafft werden

Anfangs stand die Parteiführung seiner Kandidatur skeptisch gegenüber. Aber offensichtlich ging Johnsons sogenannte Donut-Strategie im Wahlkampf auf. Wie bei einem Schmalzgebäckkringel setzte er auf die umliegenden wohlhabenden Vororte und überließ die traditionell links wählenden Bezirke im Zentrum dem Konkurrenten. Johnson scheint zudem von der mit 45 Prozent überdurchschnittlich hohen Wahlbeteiligung zu profitieren.

Als erste Maßnahme will er eine von Livingstone verfügte Verdreifachung der City-Maut für umweltschädliche Fahrzeuge rückgängig machen. Außerdem hat er versprochen, die unter Livingstone verstärkt eingeführten Gelenkbusse durch eine neue Version der beliebten altmodischen Routemaster-Busse zu ersetzen.

Zur SZ-Startseite
Jetzt entdecken

Gutscheine: