BND:Anarchisten

Der Behördenleiter hat seine Beamten nicht im Griff. Die legen darauf auch nicht den geringsten Wert.

Von Thorsten Denkler

Zwei Tage, fünf Zeugen - und das Bild des Bundesnachrichtendienstes von einer gut funktionierenden deutschen Behörde ist erschüttert. Was die Abgeordneten im NSA-Untersuchungsausschuss des Bundestags zu Tage gefördert haben, müsste Amtsleiter Gerhard Schindler vor Scham rot werden lassen.

Ein Sachbearbeiter, der im August 2013 drei Wochen lang ohne konkreten Auftrag Suchbegriffe der Amerikaner aus den BND-Systemen löscht - und niemanden über einen solch heiklen Vorgang unterrichtet. Ein Abteilungsleiter, der nicht einmal auf die Idee kommt, hinterher nachzufragen, warum er darüber nicht informiert wurde. Eine Liste mit den delikaten Suchbegriffen wird ausgedruckt - und verschwindet. Der Rechner, auf dem die Liste erstellt wurde: "plattgemacht", wie es im Ausschuss hieß.

Der BND leidet an chronischer Geheimniskrämerei. Das mag in den Geheimdiensten der Welt ähnlich sein. Aber dieses Verhalten macht in der Demokratie jede Kontrolle unmöglich. BND-Chef Gerhard Schindler verspricht, heute sei alles anders, heute werde jedes Problem der Behördenleitung gemeldet. Schön wäre es. Die Aufklärung im NSA-Untersuchungsausschuss des Bundestages hat gezeigt: Schindler wusste von den Aktionen seiner Untergebenen gar nichts. Erzählt haben sie alles erst den Abgeordneten, die sie vorluden. Im BND geht es nicht so wie in einer Demokratie, sondern wie in einer Anarchie.

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