Bloombergs Parteiaustritt:Ein Mann der unzufriedenen Mitte

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New Yorks Bürgermeister Bloomberg kehrt den Republikanern den Rücken und erwägt eine Präsidentschaftskandidatur. Zugleich kritisiert er indirekt Präsident Bush: "Das Land ist in Schwierigkeiten."

Reymer Klüver

Der New Yorker Bürgermeister Michael Bloomberg ist aus der republikanischen Partei ausgetreten und hat damit seit langem grassierenden Spekulationen über eine mögliche Präsidentschaftskandidatur als unabhängiger Bewerber neue Nahrung gegeben.

Dieser Schritt bringe seine politische Grundhaltung "in Übereinstimmung mit der Art und Weise, wie ich die Stadt geführt habe und weiter führen werde", hieß es in einer Erklärung Bloombergs. Zugleich kritisierte er indirekt scharf Präsident George W. Bush: "Das Land ist in Schwierigkeiten", sagte er.

Die Ankündigung Bloombergs dürfte den Wahlkampf erheblich durcheinanderwirbeln. Bloomberg könnte jederzeit ins Rennen einsteigen, weil er keine Wahlspenden sammeln müsste. Der Multimilliardär könnte den Wahlkampf selber finanzieren. Wie es heißt, wäre er bereit, bis zu eine Milliarde Dollar auszugeben.

Die Spekulationen über die Folgen einer Kandidatur Bloombergs setzten sofort ein. Einige Polit-Auguren behaupten mit einigem Recht, dass Bloomberg vor allem Wähler ansprechen könnte, die sich sonst für einen demokratischen Kandidaten entscheiden würden. Bloomberg war lange Jahre Mitglied der demokratischen Partei, ehe er sich vor seiner Kandidatur als Bürgermeister von New York entschloss, zu den Republikanern zu wechseln. Und tatsächlich würde man die wichtigsten politischen Entscheidungen Bloombergs als Stadtoberhaupt eher von einem Demokraten als von einem Republikaner erwarten.

Kaum war er 2001 im Amt, hatte er schon eine erhebliche Grundsteuererhöhung durchgesetzt, um eine Haushaltskrise in New York nach den Anschlägen vom 11. September 2001 zu vermeiden. Er setzte ein Rauchverbot in öffentlichen Gebäuden und Restaurants in ganz New York durch. Eine Reform erlaubte den Bildungsbehörden einen direkteren Zugriff auf Schulen. Er ist der wohl bekannteste Advokat für schärfere Waffengesetze und hat nichts gegen Schwulenehen - beides macht ihn bei konservativen Republikanern unbeliebt.

"Ergebnisse wichtiger als parteipolitische Auseinandersetzungen"

Andere glauben hingegen, dass die Kandidatur eines Selfmademan und Milliardärs grundsätzlich eher liberale republikanische Wähler ansprechen würde. Viele Beobachter erwarten, dass der Vorwahlprozess bei den Republikanern, in dem die konservative Parteibasis aktiv ist, auch eher einen konservativen Kandidaten hervorbringen wird. Der könnte Schwierigkeiten haben, Wähler in der Mitte anzusprechen.

Zumindest bei zweien der lange führenden Kandidaten, Senator John McCain und dem ehemaligen Gouverneur von Massachusetts, Mitt Romney, war in den vergangenen Monaten nicht zu übersehen, dass sie ihre Positionen kontinuierlich nach rechts verschoben.

Wie wenig die Republikaner offenbar mit ihren bisherigen Kandidaten zufrieden sind, illustriert eine Umfrage des renommierten Meinungsforschungsinstituts Rasmussen: Danach käme der konservative Schauspieler und ehemalige Senator Fred Thompson unter den Republikanern erstmals auf Platz eins - obwohl er offiziell eine Kandidatur noch gar nicht verkündet hat.

Tatsächlich dürfte Bloomberg eher auf die Unzufriedenheit der Wähler in beiden politischen Lagern spekulieren. "Jeder erfolgreiche Politiker in diesem Land weiß, dass Ergebnisse am Ende wichtiger sind als parteipolitische Auseinandersetzungen und dass gute Ideen mehr zählen sollten als ideologische Linientreue", sagte Bloomberg zum Wochenanfang im New Yorker Rathaus und fügte einen Satz hinzu, den manche als das Motto einer möglichen Kandidatur sehen: "Wenn wir zusammenarbeiten, können wir alles erreichen."

Bereits jetzt werkelt der New Yorker Bürgermeister erkennbar daran, sein nationales Profil zu schärfen. Am Dienstag trat er gemeinsam mit dem republikanischen Gouverneur von Kalifornien, Arnold Schwarzenegger, auf - bei einer Konferenz, die sich dem politischen Ausgleich im Land widmete.

Magere Erfolgsaussichten

Schwarzenegger, mit dem Bloomberg unter anderem beim Klimaschutz zusammenarbeitet, sagte dabei, dass der New Yorker Bürgermeister ein "großartiger Kandidat" wäre. Mitarbeiter kündigten an, dass Bloomberg in dem kommenden Wochen nach Florida und Missouri reisen werde, zwei Bundesstaaten, die gemeinhin als swing states bezeichnet werden, also als Bundesstaaten, in denen keine der beiden großen Parteien eine klare Mehrheit zu erwarten hat.

Allerdings wird sich Bloomberg, so ist aus seinem Umfeld zu hören, nicht in die Vorwahlen einschalten. Er dürfte sich kaum vor dem 5. Februar kommenden Jahres entscheiden, ob er überhaupt einsteigt. Dann finden die Vorwahlen in den bevölkerungsreichsten Bundesstaaten statt. Und vermutlich werden dann auch die Präsidentschaftskandidaten beider Parteien bereits feststehen. Dem Washingtoner Insider-Blatt Politico zufolge wird Bloomberg nur dann einsteigen, wenn er sich wirklich Erfolgsaussichten ausrechnet.

Die Geschichte der Präsidentschaftswahlkämpfe spricht nicht für ihn: Ralph Nader, ein selbsternannter Öko-Kandidat, kam 2000 nur auf ein paar magere Prozentpunkte - die dem Demokraten Al Gore am Ende fehlten. Ross Perot, ebenfalls ein schwerreicher Geschäftsmann, erreichte 1992 zwar 19 Prozent, blieb aber letztlich chancenlos.

Am nächsten dran war noch Theodore Roosevelt. Aber er schaffte als Unabhängiger auch nur 27 Prozent und den zweiten Platz hinter Woodrow Wilson - und das, obwohl Roosevelt vorher bereits amerikanischer Präsident gewesen war und ein überaus populärerer dazu.

© SZ vom 21.6.2007 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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