Blogschau Italien:"Befreit uns von dem Psychozwerg"

In italienischen Internetforen sind nach den ersten Hochrechnungen heiße Diskussionen entbrannt. Bei so viel Unverständnis gegenüber Berlusconi erscheint das Wahlergebnis immer abstruser.

Carolin Gasteiger

Ersten Umfrageergebnissen zufolge liegt Silvio Berlusconi bei den Parlamentswahlen knapp vor Walter Veltroni. In den Diskussionsforen der großen italienischen Tageszeitungen ist eine eifrige Debatte unter den italienischen Wählern entbrannt.

Silvio Berlusconi; dpa

Silvio Berlusconi hat offenbar von der Politikverdrossenheit der Linken profitiert. Im Internet regt sich Unverständnis über seinen Sieg.

(Foto: Foto: dpa)

"Ich bin so aufgeregt wie seit Jahren nicht mehr....Forza Sinistra...für eine neue Welt!", schreibt Alessandra ins Forum der links-liberalen La Repubblica. Viele Leser fiebern hier mit dem Veltroni-Lager und mokieren sich über den Medienmogul Berlusconi: "Forza Walter...befreit uns für immer von dem Psychozwerg und winkt sofort ein Gesetz zum Interessenkonflikt durch! We must do it!", fordert ein User das demokratische Lager von Walter Veltroni auf.

Neben den Lesern, die sich gegen Silvio Berlusconi einschießen, diskutieren viele die Gleichgültigkeit unter den Wählern. Nach den Informationen vom Sonntagabend hat Italien einen Wählerrückgang von vier Prozent zu verzeichnen. "Ich fürchte, dass dieser Rückgang auch dem Grillo-Effekt zu verdanken ist. Alle Stimmen für die Linke sind verloren", lautet ein resignierter Kommentar.

Der Kabarettist und Blogger Beppe Grillo hatte im Vorfeld der Parlamentswahlen seine Landsleute aufgefordert, nicht zur Wahl zu gehen. Er prägte auch das Schimpfwort "Psychozwerg", mit dem einige Leser Berlusconi titulieren.

Das Gros der Kommentatoren hofft auf eine Niederlage Berlusconis und schämt sich für den Eindruck, den Italien durch die Auftritte des Cavaliere im Ausland hinterlässt.

Im Forum des Corriere della Sera, einer liberalen Tageszeitung aus Mailand, erinnern sich die Leser an die Patt-Situation der Parlamentswahl vor zwei Jahren: "Niemand hat gewonnen. Es ist wie vor zwei Jahren", heißt es dort.

Zudem wird das Müllproblem in Neapel angesprochen. Die Berlusconi-Partei "Volk der Freiheit" hatte dieses Problem zu einem zentralen Wahlkampfthema gemacht, wovon sie jetzt anscheinend profitieren. Pier Ferdinando Casini, Vorsitzender der christdemokratischen Partei UDC, spiele eine zentrale Rolle, liest man hier. Seine Partei, die früher ein Koalitionspartner Berlusconis war, könnte den Sieger in einer Patt-Situation eventuell stützen. Der Vorsitzende der christdemokratischen UDC könnte bei einer Patt-Situation die ausschlaggebene Kraft sein.

Der "Boom für die Lega" (Nord, Anm. d. Red.) beschäftigt die Zeitung Il Giornale, deren Herausgeber Berlusconis Bruder Paolo ist. Unter den Kommentaren der Leser, die sich dafür erst registrieren müssen, sind hier erwartungsgemäß auch einige, die einen Sieg Berlusconis eindeutig begrüßen: "Wenn Walter gewinnt, gehe ich weg aus Italien". Selbst wenn das Parteienbündnis des Cavaliere gewinnen sollte, muss sie doch eine Niederlage verzeichnen, schreibt ein anderer Leser. Schuld daran sei der ineffiziente Wahlkampf der christdemokratischen UDC von Pier Ferdinando Casini.

Zur SZ-Startseite
Jetzt entdecken

Gutscheine: