BKA-Gesetz: Der Flop:"Es gibt wohl Schlimmeres"

Sachsens Sozialdemokraten wollen das BKA-Gesetz der Koalition stoppen - und der Regierungspartner SPD bleibt gelassen. Der Knatsch fällt aus.

Kommt das BKA-Gesetz durch den Bundesrat oder nicht? Nach der Entscheidung der sächsischen SPD, beim Votum zum BKA-Gesetz eine Enthaltung der CDU-SPD-Koalitionsregierung Sachsens erzwingen zu wollen, steht das Gesetzesvorhaben vor dem Aus.

BKA-Gesetz: Der Flop: Ob das umstrittene BKA-Gesetz auch im Bundesrat beschlossen wird, ist nach der Entscheidung der sächsischen SPD fraglich.

Ob das umstrittene BKA-Gesetz auch im Bundesrat beschlossen wird, ist nach der Entscheidung der sächsischen SPD fraglich.

(Foto: Foto: dpa)

Denn mit einer Enthaltung Sachsens hätte das umstrittene BKA-Gesetz, das vergangene Woche vom Bundestag beschlossen worden war, in der Länderkammer keine Mehrheit. Auch jene Landesregierungen, an denen Grüne, FDP und Linke beteiligt sind, würden sich enthalten.

Wegen des zu erwartenden Scheiterns wird die Angelegenheit nun vermutlich den Vermittlungsausschuss beschäftigen. Das Gremium werde die nächste Stufe sein, sollte das Gesetz bei der Sitzung des Bundesrates am 28. November keine Mehrheit finden, sagte Regierungssprecher Ulrich Wilhelm in Berlin.

Unionsfraktionsvize Wolfgang Bosbach (CDU) äußerte nach dem Nein der sächsischen SPD die Erwartung, das es im Vermittlungsausschuss von Bundestag und Bundesrat zu einem tragfähigen Ergebnis kommen werde. "Man muss davon ausgehen, dass es ein Vermittlungsverfahren geben wird", sagte Bosbach der Stuttgarter Zeitung. Allerdings könne er nach mehrjährigen Verhandlungen und der Zustimmung der Bundes-SPD keinen Spielraum für Änderungen mehr erkennen.

Spielraum für Verbesserungen

Der Vorsitzende des Innenausschusses des Deutschen Bundestags, Sebastian Edathy (SPD), zeigte Verständnis für die Entscheidung der sächsischen SPD, das Gesetz im Bundesrat nicht mittragen zu wollen. "Ich kann das nachvollziehen, wenn die Kollegen auf Länderebene sich an den Parteitagsbeschluss gebunden fühlen", sagte Edathy zu sueddeutsche.de. Man könne den Landesverbänden keine Vorschriften machen.

Selbst hatte Edathy vergangene Woche den Beschluss des Bundestags mitgetragen, das Gesetz zu verabschieden. "Wir waren der Auffassung, für die SPD bereits einen beträchtlichen Verhandlungserfolg erzielt zu haben", sagte er. Der Gesetzestext sei gegenüber der ursprünglichen Fassung soweit geändert worden, dass die Mehrheit der Bundestagsfraktion eigentlich keine Probleme mehr damit hatte, obwohl es natürlich immer noch Spielraum für Verbesserungen gebe.

Aus diesem Grund sei es auch "kein Unfall", dass es nun aller Wahrscheinlichkeit nach ein Vermittlungsverfahren in dieser Sache geben werde. "Es gibt wohl Schlimmeres", sagte Edathy. Vielleicht könne die SPD bei den anstehenden Verhandlungen der Union noch das ein oder andere Zugeständnis abringen. Eine ernsthafte Koalitionskrise sieht er nicht, schließlich sei man sich auf Bundesebene bereits einig gewesen.

Der SPD-Bundestagsabgeordnete Jörg Tauss begrüßte den Beschluss des sächsischen Landesverbands seiner Partei. "Wenn jetzt noch die FDP zu dem steht, was sie gesagt hat, dann ist das Schäuble-Gesetz gescheitert. Und das ist gut so", sagte er zu sueddeutsche.de.

Tauss hatte schon vergangene Woche im Bundestag mit Nein gestimmt. Grund sei vor allem die Vermengung von geheimdienstlicher und polizeilicher Arbeit, aber auch die Online-Durchsuchung, mit der er ein generelles Problem habe. Der Kompromiss, den Union und SPD in den vergangenen zwei Jahren ausgehandelt haben, gehe ihm da nicht weit genug.

Dass es im Bundesrat nun wohl keine Mehrheit mehr für das BKA-Gesetz geben wird, spielt laut Tauss ohnehin keine große Rolle, weil es dann eben vom Bundesverfassungsgericht gestoppt worden wäre.

Vermittlung möglich

"Ich habe schon immer gesagt, dass ich dieses Gesetz für vermurkst halte. Und das zu beseitigen, ist mir auch allemal wichtiger als der Koalitionsfrieden."

Der innenpolitische Sprecher der SPD-Bundestagsfraktion, Dieter Wiefelspütz, zeigte sich von der Entscheidung enttäuscht. "Wenn man dieses Gesetz ablehnt, dann kann man all unsere Landespolizeigesetze gleich mit einpacken", sagte er der Online-Ausgabe der taz. Es sei aber auch die Anrufung eines Vermittlungsausschusses denkbar. Falls das Gesetz scheitern sollte, sei er bereit, über einzelne Punkte noch einmal neu mit dem Koalitionspartner zu sprechen.

Kritik am BKA-Gesetz kommt unterdessen auch aus Schleswig-Holstein. Der Innenminister des Bundeslandes, Lothar Hay (SPD), forderte in Kiel Korrekturen an dem Vorhaben. Sein Bundesland habe im Innenausschuss des Bundesrates einen Antrag auf Anrufung des Vermittlungsausschusses gestellt.

Es gebe "nach wie vor zentrale Punkte im Gesetzentwurf, die verbessert werden müssen", sagte Hay. So müsse es bei der geplanten Online-Durchsuchung einen "umfassenden Richtervorbehalt" geben. Außerdem müsse der Kreis der Personen mit Zeugnisverweigerungsrecht auf Journalisten und Ärzte erweitert werden.

Das Bundeskriminalamt hätte durch das neue Gesetz weitreichende Kompetenzen zur vorbeugenden Bekämpfung des Terrorismus bekommen. So sollten BKA-Beamte unter anderem bei Terrorverdacht Wohnungen mit Kameras und Mikrofonen überwachen und Computer online durchsuchen dürfen.

Der Bundestag hatte am Mittwoch das umstrittene BKA-Gesetz beschlossen. Der Bundesrat will sich voraussichtlich noch Ende November damit befassen.

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