Bissige Politiker-Bemerkungen:Lästereien unter Staatsmännern

"Kaputter Charakter", "pathologische Probleme": Ausländische Spitzenpolitiker sollen einem neuen Buch zufolge heftig über Helmut Schmidt und Helmut Kohl gelästert haben. Doch der frühere SPD-Kanzler war auch nicht gerade zimperlich - selbst gegenüber seinem eigenen Außenminister.

Man weiß erst, was man hatte, wenn es weg ist. Die Deutschen verehren ihren Altkanzler Helmut Schmidt umso mehr, je mehr Zeit nach dessen Abwahl 1982 vergangen ist. Seine Bücher sind Bestseller, wenn er seinen persönlichen Kanzlerkandidaten küren will, räumt der Spiegel schonmal eine Titelseite für den SPD-Politiker frei. Dann darf Schmidt über Peer Steinbrück verkünden: "Er kann es." Im Ausland genoss Schmidt allerdings wesentlich weniger Ansehen, will ebenjener Spiegel nun herausgefunden haben.

Bissige Politiker-Bemerkungen: Helmut Kohl (l.), damals noch Oppositionsführer, und Bundeskanzler Helmut Schmidt im Jahre 1974. Beide waren offenbar nicht sehr beliebt bei ihren ausländischen Verhandlungspartnern.

Helmut Kohl (l.), damals noch Oppositionsführer, und Bundeskanzler Helmut Schmidt im Jahre 1974. Beide waren offenbar nicht sehr beliebt bei ihren ausländischen Verhandlungspartnern.

(Foto: AP)

Frankreichs ehemaliger Präsident François Mitterrand soll Schmidt einen "kaputten Charakter" genannt haben. So steht es nach Angaben des Spiegel zumindest in einer neuen Biographie von Hans-Dietrich Genscher, der unter Schmidt Außenminister war.

Auch andere Mächtige hatten den Recherchen von Autor Hans-Dieter Heumann zufolge wenig Schmeichelhaftes über Schmidt zu sagen - zum Beispiel Zbigniew Brzezinski geäußert haben, der unter US-Präsident Jimmy Carter Sicherheitsberater war. Der wird mit den Worten zitiert, Schmidt habe eine "seltsam erratische Persönlichkeit" und sogar "pathologische Probleme". Allerdings ist bekannt und von Schmidt auch des Öfteren intensiv berichtet worde, dass sich der SPD-Mann und Carter überhaupt nicht verstanden.

Weil Genscher auch unter Kohl oberster Diplomat der Bundesrepublik war, hat Heumann auch über Schmidts Nachfolger Äußerungen ausländischer Politiker gesammelt. Mitterrand sagte über Helmut Kohl angeblich, dieser sei "Wahltaktiker" statt Staatsmann. Und Michail Gorbatschow soll Kohl noch kurz vor der Wende "waschechten Revanchismus" vorgeworfen haben - mitten in der Zeit des politischen Tauwetters.

Doch nicht nur über Schmidt gibt es in der Genscher-Biographie bissige Zitate - sondern auch von Schmidt. Seinen eigenen Außenminister soll er für einen nicht "sonderlich herausragenden konzeptionellen Denker" gehalten haben; die Außenpolitik habe er Genscher leidglich als "Spielwiese" zum Austoben überlassen.

Im Gespräch mit Biografie-Autor Heumann gab Schmidt auch das Kompliment an Brzezinski zurück: Die Regierung Carter sei sowieso "geistig minderbemittelt" gewesen. Einstecken und austeilen? Er kann es.

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