Bildungsmonitor:Nachsitzen

Forscher sind mit der Integration ausländischer Schüler in Deutschland unzufrieden. Obendrein steigt die Quote der Schulabbrecher.

Von Sophie Burfeind, Berlin

Die Integration ausländischer Schüler gelingt immer schlechter, und auch sonst ist das deutsche Bildungssystem nicht besser geworden. So lassen sich die Ergebnisse des neuen Bildungsmonitors zusammenfassen - eine Studie, die seit 13 Jahren vom arbeitgebernahen Instituts der deutschen Wirtschaft Köln (IW) im Auftrag der Initiative Neue Soziale Marktwirtschaft (INSM) erstellt wird. Zum ersten Mal seit Erscheinen des Monitors machten die Bundesländer demnach insgesamt keine Fortschritte mehr im Vergleich zum Vorjahr, dafür Rückschritte bei der Integration: Die Schulabbrecherquote unter Schülern mit Migrationshintergrund stieg innerhalb eines Jahres von 10,7 auf 11,9 Prozent.

Darin liegt für die Forscher auch das größte Problem. Denn die Zahlen sind vor dem massiven Zuzug von Flüchtlingen im vergangenen Jahr erhoben worden - und um Hunderttausende Migranten in die Gesellschaft einzubinden, muss Bildungsintegration funktionieren. Viele Asylbewerber haben nur die Grundschule besucht, die allerwenigsten können Deutsch - deshalb müsse dringend in Alphabetisierung und Weiterbildung investiert werden, sagte Hubertus Pellengahr, Geschäftsführer der INSM. Er gehe davon aus, dass in den kommenden Jahren für etwa 300 000 neue Schüler 15 000 bis 30 000 neue Lehrstellen geschaffen werden müssten. "Dazu sollten die jährlichen öffentlichen Bildungsausgaben um 3,5 Milliarden Euro erhöht werden", fordert er. In dem Bericht kritisieren die Forscher auch die regionale Verteilung der Flüchtlinge: Viele arbeitssuchende Asylbewerber lebten in Ballungsräumen, freie Ausbildungsstellen fänden sich aber anderswo - oft in ländlichen Gebieten. Doch auch wenn die Studie nahelegt, dass das deutsche Bildungssystem insgesamt verbesserungswürdig sei, haben einige Bundesländern laut dem Kölner IW Fortschritte gemacht. Die meisten erzielte das Saarland - vor allem bei der Integration von Schülern mit Migrationshintergrund. "30 Prozent der ausländischen Schüler im Saarland schaffen mittlerweile Abitur, bundesweit sind es nur 22 Prozent", sagte Studienleiter Axel Plünnecke.

Weniger überraschend ist, welche Bundesländer im Ranking am besten abschneiden: Wie schon in den vergangenen zwei Jahren sind es Sachsen, Thüringen, Bayern, Baden-Württemberg und Hamburg. In Sachsen seien Forschung und Schulqualität sehr gut, befinden die Forscher, in Thüringen die Betreuung der Schüler und in Bayern die berufliche Bildung. Sie bemängeln aber, dass es in Bayern und Baden-Württemberg zu wenig Ganztagsangebote gebe. Verlierer der Studie ist wieder einmal Schleswig-Holstein: Dort ist die Zahl von Schulabbrechern mit Migrationshintergrund gestiegen und die Zahl von Nachwuchsprofessoren gesunken.

Die Autoren des Monitors kritisieren zudem die häufigen Kurswechsel der Länder in der Bildungspolitik - etwa, dass das G8 vielerorts wieder abgeschafft worden ist oder bald abgeschafft werden soll. "Man kann mit unterschiedlichen Bildungssystemen gute Erfolge erzielen, aber nicht mit einem ständigen Wechsel", sagte Pellengahr. Die Herausforderungen durch Inklusion und Integration seien für Lehrer schon groß genug - dauernde Systemwechsel raubten ihnen dabei nur zusätzlich unnötig viel Energie.

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