Bildung:Mathe mangelhaft

Jeder fünfte Schüler scheitert an einfachsten Rechenaufgaben. Sitzenbleiber sind besonders gefährdet, dauerhaft den Anschluss zu verlieren. Doch der Schlüssel für bessere Leistungen ist noch vor der Einschulung zu suchen.

Von Ulrike Nimz

Die schlechte Nachricht zuerst: In Deutschland scheitert noch immer knapp jeder fünfte Schüler an einfachsten Unterrichtsaufgaben. So haben 18 Prozent der 15-Jährigen ausgeprägte Schwächen in Mathematik, 14 Prozent beim Lesen, zwölf Prozent im Bereich der Naturwissenschaften. Das geht aus einer am Mittwoch veröffentlichten Sonderauswertung der 2013 erschienen Pisa-Studie der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) hervor. Die gute Nachricht: Seit dem "Pisa-Schock" vor etwa 15 Jahren haben sich die schulischen Leistungen hierzulande kontinuierlich verbessert. Demnach sank der Anteil leistungsschwacher Schüler zwischen den Pisa-Studien 2003 und 2012 in Mathematik um vier Prozentpunkte und im Lesen um acht Prozentpunkte. In den Naturwissenschaften gab es keine Veränderungen seit 2006. Trotz Defiziten liegt Deutschland im Vergleich über dem Durchschnitt der getesteten Industrieländer.

Die Pisa-Studie definiert Schüler als leistungsschwach, die in den getesteten Bereichen unter einem erforderlichen Mindestniveau liegen. Die Gründe für das schlechte Abschneiden deutscher Schüler sind laut OECD vielfältig. In Deutschland ist die Gefahr immer dann besonders hoch, wenn die Kinder aus sozial schwachen Familien stammen oder der Besuch einer Kindertagesstätte oder eine Vorschuleinrichtung nur ein Jahr lang oder kürzer währte.

Im Dezember gibt es die neuen Pisa-Daten. Die Tests dafür sind schon gelaufen - im Geheimen

Dabei ist in den vergangenen Jahren einiges für mehr Chancengleichheit getan worden: Viele Kitas werben mit Konzepten zur frühkindlichen Bildung, es gibt eine steigende Zahl von Ganztagsangeboten, eine früher einsetzende Förderung für Schüler, auch für solche mit Migrationshintergrund. Die Lehrerausbildung hat einen höheren Stellenwert.

Um den positiven Trend auch vor dem Hintergrund anhaltender Zuwanderung fortzusetzen, sind den Pisa-Experten zufolge noch viele Anstrengungen nötig. So sei das Risiko für die sogenannten Low Performer, am Ende der Schullaufbahn ohne berufsbefähigenden Abschluss dazustehen, noch immer unangemessen hoch. Gut 140 000 Schüler im Alter von 15 Jahren erreichten im Fach Mathematik nur die niedrigsten Kompetenzstufen. Fast 70 000 Schüler hatten Leistungsschwächen in allen drei Pisa-Vergleichsfeldern Mathematik, Naturwissenschaften und Lese- und Textverständnis. Insbesondere jene Schüler, die eine Klasse wiederholen müssen, laufen dabei Gefahr, dauerhaft den Anschluss zu verlieren.

Damit sich das ändert, müsse vor allem mehr Geld ins Bildungssystem gesteckt werden, so die Experten. Die Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft schlug am Mittwoch in dieselbe Kerbe und plädierte für "ein inklusives Schulsystem, in dem mehr Ressourcen dorthin fließen, wo sich Probleme konzentrieren". Es ist eine Forderung, die während des Pisa-Countdowns oft erhoben wird. Im Dezember werden die neuen Daten zum deutschen Schulsystem veröffentlicht. Bereits im April und Mai 2015 lösten 10 500 Jugendliche an 256 Schulen Aufgaben aus den Bereichen Naturwissenschaften, Mathematik, Lesen und "Problemlösen im Team" - unter strenger Geheimhaltung.

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