Bildung:Land der Ingenieure

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In einer internationalen Vergleichsstudie liegt Deutschland ganz vorne: Deutsche Studenten interessieren sich mehr als ihre Altersgenossen in anderen Ländern für Technik und Naturwissenschaft. Das ist gut für ihre Jobchancen.

Von Susanne Klein, München

In Deutschland absolvieren mehr junge Menschen ein Studium im Bereich Mathematik, Informatik, Naturwissenschaften und Technik (MINT) als in jeder anderen führenden Industrienation. Auch die Zahl der Einsteiger ist ungewöhnlich hoch: Vier von zehn entschieden sich im Jahr 2015 im sogenannten Tertiärbereich für eine MINT-Disziplin - für ein Studium oder eine Meister- oder Technikerfortbildung. Im Durchschnitt der untersuchten Staaten waren es 27 Prozent. Dies geht aus dem Bericht "Bildung auf einen Blick 2017" hervor, den die Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) am Dienstag in Berlin vorstellte. Für ihre Analysen untersucht sie jedes Jahr die Bildungssysteme in 35 Mitglieds- und einigen Partnerländern.

Trotz der hohen Quote kann laut OECD von einer Akademikerschwemme keine Rede sein: Neun von zehn MINT-Absolventen finden dank Deutschlands technologiebasierter Wirtschaft Arbeit. Fast genauso gut stehen die Chancen für Absolventen anderer Fachrichtungen. Nur Sozial- und Geisteswissenschaftler fallen mit einer Beschäftigungsrate von 84 Prozent etwas ab. Zum Vergleich: Beruflich Gebildete zwischen Mitte 20 und Mitte 30, die lediglich ein Abitur oder einen Berufsschulabschluss vorweisen können, sind zu 86 Prozent in Lohn und Brot.

Naturwissenschaftler haben derzeit die besten Jobchancen

Finanziell zahlt sich der Aufwand besonders für Akademiker und Meister aus. Im Schnitt verdienen sie zwei Drittel mehr als beruflich Gebildete ohne höhere Abschlüsse, und sie haben eine fünfmal größere Chance, in die Gruppe der Spitzenverdiener aufzusteigen. Dennoch sagte die Präsidentin der Kultusministerkonferenz Susanne Eisenmann in Berlin, die berufliche Bildung sei eine gleichwertige Alternative zum Studium und ein "weiterer Königsweg für junge Menschen".

Die OECD attestiert dem deutschen Bildungssystem indes nicht nur Erfolge. Aufsteiger sind selten, immer noch verharren zu viele Kinder auf dem niedrigen Bildungsniveau ihrer Eltern. Auch der Anteil der Geringqualifizierten ist mit 13 Prozent unverändert hoch, obwohl ihre Erwerbsaussichten zusehends sinken. Schelte muss die Regierung zudem für ihre Sparsamkeit einstecken: Deutschland gibt 4,3 Prozent des Bruttoinlandsprodukts für Bildung aus, der OECD-Schnitt liegt bei 5,2 Prozent - eine Lücke, die seit vielen Jahren klafft und für etwa 30 Milliarden Euro pro Jahr steht, wie der Leiter des Berliner OECD-Zentrums Heino von Meyer erklärte. Die Unterfinanzierung betrifft vor allem Grundschulen, aber auch Universitäten, sie müssten wegen der hohen Studentenzahlen mehr Grundmittel erhalten.

Ein Ergebnis zum Vorzeigen erzielt Deutschland dafür im Vorschulbereich. Fast jeder Drei- bis Fünfjährige besucht eine Kita. Nur bei den noch Jüngeren sind andere Länder besser.

© SZ vom 13.09.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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