Betrug mit Spendengeldern:Obdachloser Maserati

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Die Geschichte der Bereicherung an Spenden ist keine neue Erfindung. Wo es viel Geld zu verteilen gibt, ist oft auch die Gier der Verteilenden nicht weit. Meist liegt das Problem in der mangelnden Kontrolle - oder der Gutgläubigkeit.

Robert Probst

Der italienische Politiker und Philosoph Niccolò Machiavelli wusste schon im 15. Jahrhundert, was Sache ist. "Die Menschen sind so einfältig und hängen so sehr vom Eindruck des Augenblicks ab, dass einer, der sie täuschen will, stets jemanden findet, der sich täuschen lässt." Die Geschichte von Veruntreuung und Verschwendung von Staatsgeld, von Betrug, Steuerhinterziehung und Bereicherung an Spendenmitteln ist also keineswegs eine Erfindung der Neuzeit. Wo viel Geld zu verteilen ist, ist oft auch die Gier der Verteilenden nicht weit. Meist liegt das Problem in der mangelnden Kontrolle oder der Gutgläubigkeit der Kontrollierenden.

TH für Treberhilfe:  Die Organisation, die sich in Berlin um Obdachlose und sozial Benachteiligte kümmert, geriet im Februar unter Verdacht. Ihr damaliger Geschäftsführer Harald Ehlert nutzte den Maserati als Dienstwagen mit Chauffeur. (Foto: dpa)

Besondere Schlagzeilen gibt es stets, wenn es im sozialen Bereich, wo mit Spendengeld hantiert wird, zu Unregelmäßigkeiten kommt. Dabei muss es nicht einmal um persönliche Bereicherung oder Vorteilsnahme gehen - dies kann man besonders gut am Beispiel des Kinderhilfswerks Unicef studieren. Dort wurden 2007 einem pensionierten Mitarbeiter, ohne dass es einen schriftlichen Vertrag gab, für die Spendenwerbung Provisionen gezahlt, und zwar 280.000 Euro für zwei Jahre. Die Folge dieser Enthüllung: mehrere Millionen Euro entgangene Spenden, der Rücktritt des gesamten Vorstands, der Absprung mehrerer tausend Fördermitglieder und der Entzug des Spendensiegels.

Nach diesem Skandal haben zahlreiche Hilfsorganisationen ihre Transparenzregeln überarbeitet, stellen ihre Tätigkeitsberichte ausführlicher als bisher im Internet dar oder lassen Hilfsprojekte in Entwicklungsländern von unabhängigen Wirtschaftsprüfern auf ihre Effizienz und Sinnhaftigkeit testen.

Doch in schöner Regelmäßigkeit hört und liest man auf dem Feld der gemeinnützigen Organisationen vom recht eigennützigen Griff in die Kasse.

Derzeit muss sich zum Beispiel in Berlin der Vorsitzende des Frauennothilfe-Vereins Hatun & Can vor dem Landgericht wegen Betrugs verantworten. Der Vereinschef soll 690.000 Euro erschlichen haben. Einen Teil davon soll er für Genussmittel, Bekleidung, Elektrogeräte, die Wohnungsrenovierung bei einer Freundin sowie Urlaub in Spanien ausgegeben haben. Der Mann weist freilich alle Vorwürfe zurück. Auch die Frauenrechtlerin Alice Schwarzer gehörte zu den Spendern. Sie hatte eine halbe Million Euro auf das Vereinskonto überwiesen, die sie bei "Wer wird Millionär?" gewonnen hatte. Sie war es schließlich auch, die die Ermittlungen gegen den Mann in Gang brachte, als er ihr nicht darlegen konnte, was mit der Spende passiert war.

Spektakulär war jüngst auch der Fall der Treberhilfe, eines Berliner Projekts für Obdachlose. Der Chef der gemeinnützigen GmbH fuhr zu "Repräsentationszwecken" einen Maserati als Dienstwagen, der mehr als 114.000 Euro gekostet haben soll. Als auch die Höhe seines Jahresgehalts massiv kritisiert wurde, trat er im Frühjahr von seinem Posten als Geschäftsführer zurück. Kürzlich hat nun der Berliner Senat Konsequenzen aus der "Maserati-Affäre" gezogen und die Zusammenarbeit mit der Treberhilfe im Bereich der Beratungstätigkeit und der Straßensozialarbeit mit jugendlichen Obdachlosen beendet. Sozialsenatorin Carola Bluhm (Linke) hat zudem im Bundesrat eine noch schärfere Kontrolle sozialer Einrichtungen vorgeschlagen.

© SZ vom 11.11.2010 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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