Besuch in Köln:Erdoğan kritisiert deutsche Medien

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Der türkische Premierminister Erdoğan in Köln. (Foto: REUTERS)

Umstrittene Rede in Köln: Der türkische Ministerpräsident Erdoğan wirft deutschen Medien vor, sie hätten das Grubenunglück von Soma für ihre Zwecke ausgeschlachtet und die türkische Regierung beleidigt. Kritik an seinem Regierungsstil weist Erdoğan vehement zurück - während Zehntausende in der Stadt gegen seine Politik demonstrieren.

Der türkische Ministerpräsident Recep Tayyip Erdoğan hat die Berichterstattung deutscher Medien über das Bergwerksunglück von Soma kritisiert. Ein Teil der deutschen Medien habe versucht, das Unglück für sich auszuschlachten und die türkische Regierung beleidigt, sagte Erdoğan in seiner Rede in der Kölner Lanxess-Arena vor Zehntausenden Anhängern.

Eine Zeitschrift habe sogar die Schlagzeile gebracht "Zum Teufel mit Erdoğan", sagte er in Anspielung auf eine Überschrift im Spiegel, in der ein Bergmann zitiert wurde. "Wie das wohl geschehen soll?", fragte Erdoğan unter lautem Protestgeschrei und Buhrufen. Auch in der Türkei versuchten einige Kräfte, die Situation auszunutzen und hätten zum Teil illegale Aktionen unternommen.

Außerdem hat Erdoğan die Kritik aus dem Westen an seinem Regierungsstil zurückgewiesen. Die Entscheidungen der türkischen Nation sollten respektiert werden, sagte er. Auch die Kritik am Umgang der türkischen Polizei mit Demonstrationen sei verfehlt, denn es handele sich um "Terrorakte".

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"Stoppt den Diktator Erdoğan" steht auf den Plakaten. Und: "Du Mörder". Zehntausende Gegner wie Anhänger des türkischen Regierungschefs demonstrieren in Köln. Am Abend hält Erdoğan dort eine Rede vor seinen Landsleuten. Und die Stadt wird der Massen kaum Herr.

"Lügen und Intrigen" über die Türkei würden in seinem Heimatland von oppositionellen Gruppen verbreitet, im Ausland würden diese dann aufgenommen. Gegen seine Regierung werde "schwarze Propaganda" in Stellung gebracht, es werde etwa behauptet, es gebe keine Pressefreiheit oder er selbst sei ein Diktator. Erdoğan bekräftigte, er sei für die Integration der Türken in Deutschland, aber gegen eine "Assimilierung".

Sein Auftritt war schon im Vorfeld heftig kritisiert worden. Zehntausende Menschen protestierten zeitgleich in Köln gegen Erdoğans Politik. Sein umstrittener Besuch teilte die Millionenstadt Köln in zwei Lager. Auf der rechten Rheinseite strömten immer mehr Menschen Richtung Lanxess-Arena. Bereits am Nachmittag warten dort weit mehr als 10 000 Erdogan-Anhänger auf dessen Rede. Links des Rheins formiert sich vehementer und wütender Protest von - laut Polizei - rund 30 000 Demonstranten gegen den islamisch-konservativen Politiker.

Von den Zuhörern wurde Erdoğan mit Applaus und Sprechchören wie "Die Türkei ist stolz auf dich" gefeiert. Die Besucher jubelten und schwenkten Tausende türkische Fahnen. "Märtyrer Erdoğan", skandierten viele vor der Rede, und "Gott ist groß".

Erdoğan sprach offiziell zum zehnjährigen Bestehen der Union Europäisch-Türkischer Demokraten (UETD), die als verlängerter Arm seiner Partei AKP gilt. Viele deutsche Politiker glauben jedoch, dass er ihm darum ging, Stimmen zu sammeln. Es gilt als wahrscheinlich, dass Erdogan im August bei der Präsidentschaftswahl kandidiert. Etwa 1,5 Millionen in Deutschland lebende Türken können sich daran beteiligen.

© SZ.de/dpa/AFP - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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