Besuch in der Türkei:Ein Lob und eine Bitte

Aussenminister Steinmeier besucht die Türkei

Unkonventionelle Maßnahme: Außenminister Frank-Walter Steinmeier besucht den türkischen Amtskollegen Feridun Hadi Sinirlioglu.

(Foto: Thomas Trutschel/dpa)

Außenminister Steinmeier spricht in Ankara über Flüchtlinge. Das Land gilt als Schlüsselland der Krise.

Von Stefan Braun, Ankara

Die Flüchtlingskrise zwingt die Bundesregierung zu immer mehr unkonventionellen Maßnahmen. Das gilt auch für den deutschen Außenminister. Frank-Walter Steinmeier ist am Freitag zu einem kurzfristig angesetzten Besuch in die türkische Hauptstadt Ankara gereist, um mit dem Staatspräsidenten und dem Premierminister über eine engere Zusammenarbeit im Umgang mit den Flüchtlingen zu beraten. Die Türkei gilt als Schlüsselland in dieser Krise, weil die allermeisten Flüchtlinge aus dem arabischen Raum, aus Afghanistan und Pakistan zumeist über die Türkei versuchen, nach Europa zu kommen. Derzeit leben mehr als zwei Millionen syrische Flüchtlinge und noch mal gut 300 000 Menschen aus anderen, meist arabischen Staaten in der Türkei. Berlin will die türkische Regierung dafür gewinnen, über eine Verbesserung der Hilfen für diese Menschen die starke Bewegung Richtung Europa zu bremsen.

Die Reise fällt allerdings in eine Zeit, in der Steinmeier dem Land normalerweise keinen Besuch abstatten würde. In wenigen Wochen wird in der Türkei gewählt, die politische Stimmung ist wegen des Konflikts mit den Kurden extrem angespannt. Da erscheint die Visite schnell wie eine Unterstützung der amtierenden Regierung. Um diesem Eindruck entgegenzuwirken, traf der SPD-Politiker auch Vertreter zweier wichtiger Oppositionsparteien, der CHP und der prokurdischen HDP.

Doch nun, da die Flüchtlingskrise in Europa eine neue Dimension erreicht hat, ist in Berlin das Interesse groß, mit Ankara den Schulterschluss zu suchen. Um dafür die Basis zu legen, lobte Steinmeier die Türkei für ihre Aufnahmebereitschaft. In Europa werde unterschätzt, was die Nachbarstaaten Syriens und des Irak in den letzten Jahren Großartiges getan hätten. Hinter dem Lob verbirgt sich die Hoffnung, dass Ankara mit seinen Anstrengungen nicht nachlassen möge. Recht erfreut war man in Steinmeiers Delegation, dass die EU-Kommission gerade erst angekündigt hatte, die Türkei bei dieser Aufgabe mit einer Milliarde Euro zu unterstützen. Angesichts des massiven Anstiegs von Flüchtlingen brauche Europa eine Kooperation mit der Türkei ,,dringender denn je'', so Steinmeier.

Längst mehren sich die Berichte, dass unter den knapp zwei Millionen syrischen Flüchtlingen in der Türkei die Hoffnung auf eine Rückkehr in die Heimat schwindet und bei vielen der Drang immer größer wird, den Weg nach Europa zu suchen. Steinmeier betonte, für eine Lösung der Krise sei die große gestalterische Kraft der Türkei unverzichtbar.

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