Besuch im Nahen Osten:Steinmeier in Iran: Schlichtung mit begrenztem Erfolg

Steinmeier im Iran

Fragender Blick auf der Pressekonferenz: Außenminister Steinmeier und sein iranischer Amtskollege Sarif.

(Foto: dpa)
  • Außenminister Frank-Walter Steinmeier spricht in Teheran mit seinem iranischen Amtskollegen Sarif.
  • Es geht um die Spannungen zwischen Iran und Saudi Arabien.
  • Der Konflikt zwischen den Regionalmächten erschwert die Bemühungen, den syrischen Bürgerkrieg zu beenden.

Von Stefan Braun, Teheran

Die Hoffnungen auf ein baldiges Ende der gefährlichen Spannungen zwischen Iran und Saudi-Arabien - sie sind fürs Erste enttäuscht worden. Bei einem Besuch in Teheran musste der deutsche Außenminister Frank-Walter Steinmeier erleben, wie Irans Führung Deutschland für seine Vermittlungen im Atom-Streit zwar überschwänglich lobte, im bedrohlichen Konflikt mit dem Nachbarland Saudi-Arabien aber erneut scharfe Töne gegen Riad anschlägt.

Das wirft einen Schatten auf die ohnehin angespannte Lage im Nahen Osten: Beide Länder sind unverzichtbar, um bei den in Genf mühsam begonnenen Friedensverhandlungen für Syrien voranzukommen. Und beide Länder gelten als Schlüsselländer für eine Stabilisierung der gesamten Region. Wer eine Lösung in Genf wolle, so Steinmeier in Teheran, müsse dafür sorgen, dass die Spannungen zwischen Teheran und Riad "nicht außer Kontrolle geraten".

Irans Außenminister Mohammed Jawad Sarif betonte nach einem Treffen mit Steinmeier, es sei wichtig, im Gespräch zu bleiben, weil die derzeitigen Spannungen nicht nur für die Region, sondern für die ganze Welt eine Gefahr darstellten. Dem Nachbarland Saudi-Arabien aber warf Sarif vor, für den im Januar gefährlich eskalierten Streit sei alleine Riad verantwortlich. "Saudi-Arabien will nicht eine Lösung herbeiführen, sondern die Spannungen erhöhen'', betonte Sarif. "Das muss Riad überdenken", verlangte der iranische Außenminister.

Sarif verurteilt die Hinrichtung eines schiitischen Geistlichen

Sarif, der in Iran nicht zu den Hardlinern, sondern zum Reformlager gezählt wird, erinnerte erneut mit harschen Worten daran, dass Saudi-Arabien bei der letzten Pilgerfahrt nicht in der Lage gewesen sei, jene Katastrophe zu verhindern, bei der nach unterschiedlichen Angaben 500 bis 4000 schiitische Pilger aus Iran ums Leben kamen. Noch garstiger kommentierte Sarif die Hinrichtung eines schiitischen Geistlichen Anfang Januar in Saudi-Arabien. Dieser habe keineswegs den Staat Saudi-Arabien angegriffen. Deswegen sei seine Hinrichtung "für keinen Staat der Welt akzeptabel" gewesen.

Sarif steht wie alle Reformer in Teheran wenige Wochen vor den iranischen Parlamentswahlen Ende Februar unter Druck, nicht zu tolerant und kompromissbereit gegenüber dem Westen aufzutreten. Gleichwohl bemühte er sich, im Grundsatz offen für Gespräche zu sein. "Iran strebt gute Beziehungen zu allen Nachbarstaaten an", so Sarif. Deshalb sei Teheran auch zu weiteren Konsultationen bereit.

Das gilt nach den Beteuerungen Sarifs auch für die syrischen Verhandlungen in Genf. Auf die Frage, was Teheran tun werde, um das von ihm gestützte Regime in Damaskus zu vertrauensbildenden Maßnahmen, zu einem Waffenstillstand und einer Verbesserung der humanitären Zugänge zu Eingeschlossenen zu bewegen, vermied der Iraner allerdings jede Zusage. Stattdessen betonte er, sein Land habe in der Vergangenheit immer wieder auch durch direkte Gespräche lokale Verbesserungen möglich gemacht. Zugleich verwies er darauf, dass die Verhandlungen nun von den Syrern geführt werden müssten. Wer immer wieder Vorbedingungen formuliere, wiederhole die Fehler der vergangenen Jahre. Vorbedingungen seien falsch und deshalb ein Mittel, um Verhandlungserfolge zu erschweren. "Manche Nachbarländer glauben immer noch, der Konflikt könnte militärisch gelöst werden", warnte Sarif. Iran dagegen werbe seit Jahren für eine politische Lösung. "Deshalb bin ich froh, dass die westlichen Partner Gesprächen ohne Vorbedingungen zugestimmt haben."

Steinmeier reiste noch heute nach Saudi-Arabien weiter

Steinmeier appellierte in Teheran an die Vernunft, nicht alle Fortschritte der letzten Monate in Gefahr zu bringen. "Sei es Deutschland, sei es Iran, sei es Saudi-Arabien - jedes Land hat nationale Interessen. Aber starke Nationen tragen auch Verantwortung für die Nachbarschaft und die ganze Region'', mahnte der deutsche Außenminister. Nirgendwo gelte das so sehr wie im Nahen Osten. Aus Sicht Berlins ist eine weitere Eskalation zwischen Iran und Saudi-Arabien keineswegs abgewendet. Und die Verhandlungen über Syrien stehen auf des Messers Schneide. Deshalb betonte Steinmeier, ohne Unterstützung von außen (gemeint ist damit: ohne Druck von allen Seiten auf die Konfliktparteien) werde es am Verhandlungstisch von Genf "ganz schwer, Fortschritte zu erzielen".

Iran gilt neben Russland als wichtigster Verbündeter von Diktator Baschar al-Assad. Der Einfluss Teherans ist nicht zuletzt deshalb so groß, weil es im Augenblick fast das einzige Land ist, das eigene Soldaten am Boden in Syrien hat. Allerdings ist völlig offen, welche Außenpolitik Iran nach den Parlamentswahlen Ende Februar verfolgen wird. Steinmeier sagte, der Ausgang der Wahlen werde maßgeblich darüber entscheiden, "wie groß künftig die Spielräume in Irans Außenpolitik" sein werden.

Deutlich entspannter zeigten sich beide Seiten beim Thema Nuklearabkommen. Sarif lobte die jahrelange Vermittlung durch Berlin; Steinmeier sprach davon, dass es jetzt "die Chance gibt, ein neues Kapitel in den Beziehungen beider Staaten aufzuschlagen". Neugier und Interesse seien auf beiden Seiten "riesengroß". Die Frage, ob Irans Präsident Hassan Rohani alsbald zu einem Staatsbesuch nach Deutschland eingeladen wird, blieb allerdings offen. Während das Berliner Kanzleramt bislang eher bremst, drängt Wirtschaftsminister Sigmar Gabriel offenbar auf eine Einladung. Steinmeier erklärte nun in Teheran, er habe im Gespräch mit Rohani dafür geworben, dass der Präsident bei seiner nächsten Europareise auch Deutschland "in den Blick nehme". Dazu werde man im Gespräch bleiben. Wie aus Berlin zu hören ist, wird ein Besuch Rohanis in diesem Jahr immer wahrscheinlicher. Der genaue Zeitpunkt aber ist noch offen.

Steinmeier spricht das Thema Menschenrechte nicht an

Das zwischen Teheran und Berlin umstrittene Thema Menschenrechte wurde von beiden Seiten nicht angesprochen. Auch nicht vom deutschen Außenminister.

Am Nachmittag flog Steinmeier nach Saudi-Arabien weiter und eröffnete dort das Janadriyah-Kulturfestival, auf dem in diesem Jahr Deutschland Gastland ist. Seit Anfang Januar an einem einzigen Tag 47 Menschen in Saudi-Arabien hingerichtet worden waren, ist in Deutschland über eine Teilnahme an dem Festival heftig diskutiert worden. Steinmeier entschied aber, an dem Termin festzuhalten. Seine Begründung: es gebe gerade in einem Land wie Saudi-Arabien so wenige Möglichkeiten, deutsche Geschichte und deutsche Werte zu präsentieren. Deshalb sei es wichtig, diese Gelegenheit zu nutzen.

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