Besuch der Kanzlerin in Israel:Abgeordnete wollen Merkel-Rede boykottieren

Lesezeit: 2 min

Eklat vor einem historischen Auftritt: Mehrere israelische Parlamentarier wollen die Knesset verlassen, weil die Kanzlerin auf Deutsch spricht.

Aus Protest gegen ihre Rede in der Knesset in deutscher Sprache wollen mehrere israelische Parlamentarier die Ansprache von Bundeskanzlerin Angela Merkel boykottieren.

Angela Merkel darf als erste Regierungschefin vor der Knesset reden. (Foto: Foto: AFP)

Der israelische Rundfunk meldete am Dienstag, Shelly Yachimovich von der Arbeitspartei habe erklärt, es sei unsensibel gegenüber Holocaust-Überlebenden, im israelischen Parlament deutsch zu sprechen.

Deutschland sei ein Freund Israels, aber man müsse in dieser Generation Rücksicht auf die "verletzten Seelen" der Opfer nehmen, erklärte die Tochter von Holocaust-Überlebenden.

Auch der Abgeordnete Arieh Eldad vom Parteienbündnis Nationale Union/Nationalreligiöse hat angekündigt, er wolle das Plenum verlassen, sobald Merkel den Raum betritt.

Nach Angaben des israelischen Online-Dienstes Ynet wollen mindestens fünf der 120 Knesset-Mitglieder die Ansprache boykottieren. Die Abgeordnete Sara Marom Schalev von der Rentnerpartei, selbst eine Holocaust-Überlebende, kritisierte das Verhalten als Populismus.

"Es stört mich überhaupt nicht, dass Merkel auf Deutsch sprechen will", sagte sie. Merkel ist die erste ausländische Regierungschefin, die eine Einladung erhalten hat, vor dem israelischen Parlament zu reden.

Normalerweise dürfen nach den Statuten der Knesset nur Präsidenten und Staatsoberhäupter vor dem Parlament reden.

Der Vorsitzende des parlamentarischen Innenausschusses, Ophir Pines-Paz (Arbeitspartei), verurteilte den Teilboykott. Er sei auch Sohn von Holocaust-Überlebenden und habe selbst vergangene Woche im deutschen Parlament anlässlich der Sechzigjahrfeiern zur israelischen Staatsgründung auf Hebräisch gesprochen.

"Der Boykott ist eine Provokation, die nicht angebracht ist, und ich hoffe, sie wird das Ereignis nicht überschatten", sagte der Abgeordnete.

Peres nennt Merkel-Besuch beispiellos

Vor ihrem Auftritt in der Knesset wurde Merkel von Staatspräsident Schimon Peres empfangen. Peres bezeichnete den Besuch der Bundeskanzlerin Angela Merkel in seinem Land als beispiellos. Es sei "ein wirklich großer Beitrag" zu den Bemühungen, den Nahostkonflikt zu lösen und gegen terroristische Bedrohungen anzugehen, sagte Peres am Dienstag nach einem Treffen mit Merkel in Jerusalem. Europa könne eine wichtige Rolle im Nahost-Friedensprozess spielen.

Peres und Merkel setzten sich gemeinsam dafür ein, auch über wirtschaftliche Projekte zu einer Annäherung der Konfliktparteien zu kommen. Merkel erwähnte als Beispiel einen palästinensischen Industriepark in Dschenin im Westjordanland, für den die Bundesregierung eine Förderung von gut zehn Millionen Euro in Aussicht gestellt hat. "Es könnten in diesem Park viele Arbeitsplätze geschaffen werden, und die Voraussetzung dafür müssen erarbeitet werden", sagte Merkel.

Die Kanzlerin wertete ihren dreitägigen Besuch als "wichtigen Schritt bei der Entwicklung der deutsch-israelischen Beziehungen". Am Montag hatten sie und Ministerpräsident Ehud Olmert bei den ersten deutsch-israelischen Regierungskonsultationen ein umfassendes Kooperationsabkommen unterzeichnet.

© dpa/Reuters/gdo/odg - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite
Jetzt entdecken

Gutscheine: