Besitzverhältnisse:Südafrika will weiße Farmer enteignen

Besitzverhältnisse: "Die Zeit für Versöhnung ist vorbei. Jetzt ist die Zeit für Gerechtigkeit gekommen", sagt der Vorsitzende der EFF, Julius Malema.

"Die Zeit für Versöhnung ist vorbei. Jetzt ist die Zeit für Gerechtigkeit gekommen", sagt der Vorsitzende der EFF, Julius Malema.

(Foto: AFP)
  • In Südafrika hat sich eine Mehrheit des Parlaments für die Enteignung von Farmern ohne Entschädigung ausgesprochen. Nun soll eine Verfassungsänderung geprüft werden.
  • Ein Großteil der Agrarflächen ist seit der Kolonisation in der Hand von weißen Farmern.
  • Nach Ansicht der Abgeordneten ist die radikale Reform nötig, um die soziale Ungerechtigkeit von Kolonialismus und Apartheid auszugleichen.

Mit 241 zu 83 Stimmen haben die Abgeordneten des südafrikanischen Parlaments den Antrag über eine Enteignung von Farmern angenommen. Bis zum 30. August soll das Parlamentskomitee prüfen, ob eine Verfassungsänderung möglich ist. Den Antrag hatte zuvor die linksradikale Partei "Kämpfer für wirtschaftliche Freiheit" (EFF) ins Parlament eingebracht. "Die Zeit für Versöhnung ist vorbei. Jetzt ist die Zeit für Gerechtigkeit gekommen", sagt der Vorsitzende der EFF, Julius Malema. Die ehemaligen niederländischen Kolonialherren bezeichnete er als "Kriminelle, die uns das Land wegnahmen". Später hätten deren Nachfahren während der Apartheid die schwarze Bevölkerung in "Gefängnislager, die wir heute Townships nennen", verbannt, so Malema.

Überwiegende Unterstützung erhielt der Antrag auch von der Regierungspartei ANC (Afrikanischer Nationalkongress). Dieser hatte bereits bei seinem Parteitag im Dezember eine radikalere Herangehensweise in der Landfrage angekündigt. Angesichts der Parlamentswahlen im kommenden Jahr steht der ANC unter Druck. Seine Zustimmung zu dem Antrag könnte vor allem seine Wählerschaft unter den ärmeren schwarzen Bürgern stärken.

Scharfe Kritik für den Beschluss des Parlaments kommt vonseiten der Farmer. Ein solches Vorgehen sei irrational, kritisierte der Präsident des Dachverbands Agri SA, Dan Kriek. Es beschädige nicht zuletzt den Bankensektor, der massiv in die Landwirtschaft investiert habe. Solche sachlichen Argumente hätten in der Debatte aber ebenso wenig eine Rolle gespielt wie das für Weiße und Schwarze verbriefte Recht auf Eigentum, so Kriek.

73 Prozent der nutzbaren Agrarfläche gehört weißen Farmern

Das Thema der Landenteignungen ist seit dem Ende der Apartheid in Südafrika eine der heikelsten Fragen. Südafrikas neuer Präsident Cyril Ramaphosa hatte in seiner ersten großen Rede nach seinem Amtsantritt Mitte Februar die Enteignung von Farmern ohne eine Entschädigung unterstützt, allerdings nur, solange die Lebensmittelproduktion dadurch gesteigert werde.

Hintergrund ist, dass auch 24 Jahre nach dem Ende der Apartheid in Südafrika ein Großteil der Agrarflächen in der Hand von weißen Farmern ist. Das zeigte auch eine kürzlich veröffentlichte Studie, derzufolge 73 Prozent der landwirtschaftlich nutzbaren Fläche Weißen gehört; diese stellen aber nur knapp neun Prozent der Bevölkerung. Kritiker fürchten jedoch, dass Südafrika mit der Entscheidung dem entwicklungspolitischen Pfad wie das Nachbarland Simbabwe folgen könnte. Dort führten gewalttätige Landenteignungen europäischstämmiger Farmer ab dem Jahr 2000 zu einem Zusammenbruch der Wirtschaft und der Ernährungssicherheit. Südafrika gilt als das Land mit der ungerechtesten Einkommensverteilung der Welt. In dem Vielvölkerstaat, der 1994 die Demokratie einführte, leben nach offizieller Statistik 55 Prozent der Bürger in Armut.

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