Beschluss des Bundeskabinetts:Deutsche müssen mehr Steuern zahlen

Sparerfreibetrag und Pendlerpauschale - darauf werden die Deutschen in Zukunft verzichten müssen. Auch die Altersgrenze für die Zahlung von Kindergeld wird gesenkt. Finanzminister Steinbrück erhofft sich davon Mehreinnahmen in Milliardenhöhe.

Nico Fried und Ulrich Schäfer

Die Bundesbürger müssen künftig mehr Geld ans Finanzamt zahlen. Das Kabinett beschloss am Mittwoch, mehrere Steuervorteile zu kappen, darunter den Sparerfreibetrag und die Pendlerpauschale. Auch die Altersgrenze für die Zahlung von Kindergeld wird gesenkt.

Pendlerpauschale, AP

Die Pendlerpauschale wird weitgehend gestrichen - die Arbeit beginne am Werktstor, hieß es aus dem Finanzministerium. Ausnahmefälle soll es aber trotzdem geben.

(Foto: Foto: AP)

Das Kabinett beschloss zudem eine abgespeckte Form der Reichensteuer. Steinbrück verteidigte das Vorhaben gegen wachsende Kritik aus seiner Partei. Dennoch könnte der Steuerstreit in der SPD auf dem Parteitag am kommenden Sonntag eskalieren.

"Werkstorprinzip"

Das Kabinett beschloss unter anderem, die Pendlerpauschale weit gehend zu streichen. Fahrten zur Arbeit sollen grundsätzlich nicht mehr als Werbungskosten steuerlich anerkannt werden. Die Arbeit beginne künftig am Werkstor, erklärte das Finanzministerium.

Für Fahrer weiter Strecken werde es aber einen "Härteausgleich" geben, vom 21. Kilometer an dürfen sie 30 Cent pro Kilometer geltend machen.

Verfassungsrechtler hielten der Regierung vor, dass sie damit gegen das Gleichheitsgebot des Grundgesetzes verstoße. Der Bundesverband der Lohnsteuerhilfevereine kündigte eine Verfassungsklage an. Ein Sprecher von Steinbrück sagte dagegen, die Regierung gehe davon aus, dass das "Werkstorprinzip" in Karlsruhe bestehen werde.

Kindergeld nur bis zum 25. Geburtstag

Das Kabinett beschloss außerdem, den Sparerfreibetrag zu halbieren und das Höchstalter für den Bezug von Kindergeld zu senken; es wird künftig nur noch bis zum 25. Geburtstag, nicht mehr bis zum 27. Geburtstag gezahlt. Das Finanzamt wird zudem das häusliche Arbeitszimmer nur noch in Ausnahmefällen bei der Steuer anerkennen.

Darüber hinaus müssen Privatpersonen, die viel verdienen, einen dreiprozentigen Zuschlag auf die Einkommenssteuer zahlen, die so genannte Reichensteuer; Unternehmer und Freiberufler sollen davon verschont bleiben. Steinbrück sagte hierzu im Bundestag, die Reichensteuer sei weder eine Neidsteuer, noch betreibe die große Koalition hier Symbolpolitik.

"Sparen alleine reicht nicht"

Die Regierung erhofft sich durch ihr Gesetz im nächsten Jahr zusätzliche Einnahmen von 2,1 Miliarden Euro, bis 2010 sollen diese auf 5,4 Milliarden Euro im Jahr wachsen; fast die Hälfte kommt durch die Kürzung der Pendlerpauschale herein. Die Beschlüsse treten zum 1. Januar 2007 in Kraft.

Steinbrück sagte im Bundestag: "Die Vorstellung, wir könnten die öffentlichen Haushalte allein durch Sparen konsolidieren, ist abwegig." Er deutete an, dass der Regierung weitere Milliardenlöcher drohten, etwa in der Rentenkasse.

Die Opposition kritisierte die Beschlüsse heftig. Die FDP sprach von einer beispiellosen "Steuererhöhungsorgie", Grüne und Linkspartei kritisierten, dass vor allem Normalverdiener getroffen würden.

Auch in der SPD droht eine Auseinandersetzung über die Steuerpolitik. Linke Sozialdemokraten erwägen, auf dem Sonderparteitag am kommenden Sonntag einen Antrag zu den Plänen von Steinbrück einzubringen.

Die Linken wollen klare Vorgaben für die geplante Unternehmenssteuerreform. Widerstand gibt es auch gegen den Kabinettsbeschluss, die Reichensteuer nur auf private Einkünfte zu erheben, und nicht auf gewerbliche. Ursprünglich sollte auf dem Parteitag lediglich der rheinland-pfälzische Ministerpräsident Kurt Beck zum Parteichef gewählt werden.

Die Linken haben über den Antrag allerdings noch nicht endgültig entschieden. Die Parteispitze wiederum erwägt, einen Leitantrag zu formulieren, der den Kritikern entgegenkommt. Damit soll vermieden werden, dass die Diskussion die Wahl Becks überschattet.

Der Juso-Vorsitzende Björn Böhning sagte, die Unternehmenssteuerreform dürfe nichts kosten: "Die SPD wird sich entscheiden müssen, ob sie die Unternehmen weiter entlasten will oder auch die Unternehmen ihre Verantwortung zur Finanzierung des Staates wahrnehmen müssen."

Steinbrück und Beck hatten dagegen in den vergangenen Tagen erklärt, dass die Reform der Firmensteuern in den Anfangsjahren Löcher in die Staatskasse reißen werde. Bei der Reichensteuer erwartet die Linke mindestens, auch die Einkünfte von Freiberuflern stärker zu besteuern.

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