Beschluss der Außenminister:Nato schickt Abwehrraketen in die Türkei

Die Entsendung der "Patriot"-Raketen ist beschlossene Sache - das haben die 28 Nato-Außenminister in Brüssel entschieden. Sorgen bereitet dem Nato-Generalsekretär aber der mögliche Einsatz chemischer Waffen durch das syrische Regime: Er spricht eine deutliche Drohung aus. Und die US-Regierung hat sogar einen "Notfallplan" aufgesetzt.

Die Nato sichert der Türkei militärische Hilfe im Grenzkonflikt mit dem Nachbarn zu: Die Außenminister der 28 Nato-Staaten haben in Brüssel die Verlegung von Patriot-Luftabwehrraketen auf türkischen Boden beschlossen.

Jahresrueckblick 2012: November

Nur noch eine Frage der Formalia: Die "Patriot"-Luftabwehrraketen kommen.

(Foto: dapd)

Mit dem Waffensystem soll das Regime des syrischen Präsidenten Baschar al-Assad an Angriffen auf türkisches Gebiet gehindert werden. Deutschland, die Niederlande und die USA sollen die Patriot-Raketen und deren Bedienmannschaften innerhalb weniger Wochen in die Türkei schicken. Bundesaußenminister Guido Westerwelle kündigte einen Kabinettsbeschluss für "diese Woche" an und erwartet bei der anschließenden Abstimmung des Bundestages "breite parlamentarische Rückendeckung" für ein Mandat.

Wie viele Patriot-Staffeln letztlich entsandt werden, wie sich das Kontingent auf die drei potenziellen Länder verteilt und wo die Raketen in der Türkei stationiert werden, ist noch offen. Die Einsatzführung über das Luftabwehrsystem obläge am Ende höchstwahrscheinlich dem Nato-Luftwaffenkommando im rheinland-pfälzischen Ramstein. Die Außenminister betonten in einer Erklärung, dass die Abwehrraketen ausschließlich dem Schutz und der Verteidigung des Bündnispartners Türkei dienen sollen. Sie dürfen beispielsweise nicht eingesetzt werden, um eine Flugverbotszone über Syrien zu kontrollieren.

Nato droht Syrien mit Gegenschlag

Bereits vor dem Beschluss war Syrien vor dem Einsatz chemischer Waffen gewarnt worden - mehrmals und eindringlich. Die Entsendung der Patriot-Systeme sei "ein klares Signal an das Regime von Assad, mit der Gewalt und den Übergriffen auf das Staatsgebiet der Türkei aufzuhören", so Westerwelle. Und die Nato droht dem Assad-Regime mit Konsequenzen durch die internationale Gemeinschaft, sollte es tatsächlich soweit kommen.

Falls die Regierung in Damaskus im Kampf gegen die Opposition chemische Kampfstoffe einsetze, erwarte er "eine sofortige Reaktion der internationalen Gemeinschaft", so Nato-Generalsekretär Anders Fogh Rasmussen. Auch Bundesaußenminister Guido Westerwelle warnte die Getreuen von Präsident Assad: Wer chemische Waffen gegen die eigene Bevölkerung einsetze, überschreite eine "rote Linie" und werde sich dafür international verantworten müssen.

Weißes Haus stellt "Notfallplan" auf

Westerwelle griff damit die Warnung von US-Außenministerin Hillary Clinton auf, die ebenfalls von einer "roten Linie für die Vereinigten Staaten" gesprochen hatte. Sollte Assad diese Grenze überschreiten, habe Washington Reaktionen vorbereitet. US-Medien berichten von einem "Notfallplan", den das Weiße Haus aufgestellt habe - und der auch die Möglichkeit eines militärischen Einsatzes nicht ausschließe.

"Wir halten es für wichtig, sich auf alle Szenarien vorzubereiten", sagte Jay Carney, Pressesprecher des Weißen Hauses. "Der Einsatz chemischer Waffen ist und wäre absolut inakzeptabel. Wenn jemand den tragischen Fehler begeht, diese Waffen einzusetzen, wird es Konsequenzen geben und derjenige wird zur Rechenschaft gezogen werden", zitiert die New York Times den US-Präsidenten Barack Obama.

Die Gewalt in Syrien nimmt unterdessen kein Ende: Rebellen haben am Dienstag eine Schule am Rand von Damaskus angegriffen. 29 Schüler und ein Lehrer seien beim Einschlag einer Mörsergranate in das Gebäude getötet worden, meldet die staatliche Nachrichtenagentur Sana. Am Rande der Hauptstadt liefern sich Aufständische und Regierungstruppen seit Längerem Gefechte. Die Rebellen sind in den vergangenen Wochen auf Damaskus vorgerückt. Am Dienstag bombardierten Assad-treue Soldaten Stellungen der Aufständischen in Vierteln der Hauptstadt.

Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: