Beschäftigte:Mit Daten kaum zu fassen

In Spanien gilt jeder vierte als ohne Job. Die horrenden Arbeitslosenzahlen sinken, doch keiner weiß wie stark.

Von Sebastian Schoepp

Wenn von Spanien die Rede ist, ist von Arbeitslosen die Rede. Seit Jahren bewegt sich die Quote um die 25 Prozent, ein Spitzenwert in Europa. Schockierender noch sind die Angaben über die Jugendarbeitslosigkeit, denen zufolge 43 Prozent aller arbeitsfähigen Spanier unter 25 Jahren ohne Job dastehen. Es gibt einen zaghaften Frühjahrs-Aufschwung, der aber an den Strukturproblemen nicht viel ändert. Immerhin nahm die Zahl der Jobsuchenden im Februar um 13 538 oder 0,3 Prozent im Vergleich zum Vormonat ab. Verglichen mit dem Vorjahresmonat wurden sogar gut 300 000 weniger Arbeitslose registriert. Es war laut Regierung der stärkste Rückgang in einem Februar seit 2001.

Bewirkt haben ihn vor allem neue Jobs in der Baubranche - was eigentlich keine so gute Nachricht ist, denn es war die Überhitzung des Immobiliensektors, die Spaniens Wirtschaft in den Abgrund riss. Noch immer stehen Tausende Wohnungen leer, die beinah unverkäuflich sind, weil sie als Spekulationsobjekte hochgezogen wurden. Immerhin traut die EU-Kommission der viertgrößten Volkswirtschaft der Euro-Zone in diesem Jahr einen Aufschwung zu. Das Bruttoinlandsprodukt soll um 2,3 Prozent wachsen, die Arbeitslosenquote von 24,3 auf 22,5 Prozent sinken.

Viele Jobsucher melden sich nicht bei der zuständigen Behörde

Allerdings ist die offizielle Arbeitslosenquote in Spanien mit Vorsicht zu genießen. Sie wird nicht aus der Zahl der tatsächlich Arbeitssuchenden ermittelt, sondern durch Umfragen. So gibt es in Spanien zwei sehr unterschiedliche Statistiken. Die des Arbeitsamtes SEPE (Servicio Público de Empleo Estatal) weist derzeit 4,5 Millionen aktiv Arbeitssuchende aus. Für die europäischen Statistiken wie Eurostat ist jedoch ein anderer Wert ausschlaggebend, die EPA (Encuesta de Población Activa), deren Ergebnisse auf Umfragen beruhen. 60 000 Menschen werden jeden Monat nach ihrem Job-Status befragt. Nach den EPA-Ergebnissen sind in Spanien eine Million mehr Menschen arbeitslos als laut den Registern des Arbeitsamtes. Daraus ergibt sich die stets zitierte, horrende Quote von um die 25 Prozent.

Noch stärker ist die Diskrepanz bei der Jugendarbeitslosigkeit. Laut SEPE sind nur knapp neun Prozent der 4,5 Millionen aktiv Arbeitssuchenden unter 25 Jahre alt. Ein krasser Gegensatz zu dem EPA-Wert von 43 Prozent aller arbeitsfähigen Jugendlichen (fast 1,6 Millionen). Das heißt, laut EPA gibt es fast doppelt so viele arbeitslose Jugendliche wie laut der SEPE. Dass der EPA-Wert stets als der offizielle angegeben wird, hat mit den Besonderheiten des spanischen Arbeitsmarktes zu tun. Viele Menschen, die keinen Job haben, melden sich gar nicht erst bei der SEPE, weil sie sich von deren Angebot nichts versprechen. In der Tat ist die Vermittlungsleistung sehr gering. An Jobs kommt man in Spanien vor allem über Beziehungen, gerade junge Menschen und Frauen pendeln zwischen oft informellen Tätigkeiten hin und her. In die EPA-Statistik gehen zudem viele Studenten ein, die gerne einen Nebenjob hätten, aber keinen finden.

Eine besondere Rolle spielt die Schwarzarbeit, von der manche Fachleute glauben, sie mache ein Viertel der spanischen Wirtschaftsleistung aus. Klare Aussagen über den spanischen Arbeitsmarkt sind mithin kaum zu treffen - ein weiteres Beispiel, wie weit Europa von einer Harmonisierung seiner Wirtschaftssysteme entfernt ist.

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