Berlusconi-Partei vor Spaltung:Silvio flaggt um

Silvio Berlusconi

Riskiert die Spaltung seiner Partei: Italiens Ex-Premier und Medienmogul Silvio Berlusconi

(Foto: dpa)

Im Kampf gegen sein politisches Ende nennt Silvio Berlusconi seine Partei Volk der Freiheit künftig wieder Forza Italia. Dies sei im Konsens geschehen, behauptet der Cavaliere - doch seine fünf Minister sperren sich.

Von Andrea Bachstein, Rom

Silvio Berlusconi wechselt die Farben. Vom Blau-Weiß seiner Partei Popolo della Libertà (Volk der Freiheit - PDL) geht es zurück zum Grün-Weiß-Rot der Forza Italia (FI), seiner ersten Partei, mit der er 1994 in die Politik gegangen ist. Bei einer Sitzung mit einem Teil des Parteipräsidiums in seiner römischen Wohnung hat er die Umflaggung jetzt beschlossen.

Damit entmachtet er de facto die bisherigen Funktionsträger und beschwört die Spaltung seiner Bewegung in einen regierungstreuen und einen ihm treuen Teil herauf. Das kann die Stabilität der Koalitionsregierung unter dem sozialdemokratischen Premier Enrico Letta erneut beeinträchtigen. Am 8. Dezember soll ein Parteikongress die Neugründung besiegeln. Mindestens bis dahin ist der frühere italienische Regierungschef Berlusconi wieder der allein Entscheidende in der Partei. Er sei es, der die Funktionsträger der Forza Italia aussuche, teilte er dem Präsidium mit.

Der Riss, der wegen der Wiedergründung der FI durch die PDL geht, ist tief. Das zeigte sich daran, dass der bisherige formale PDL-Vorsitzende und Innenminister Angelino Alfano und die anderen PDL-Minister der Koalitionsregierung das Treffen bei Berlusconi boykottierten. Sie wollen den Wechsel zur FI bislang nicht mitvollziehen. Vor allem aber möchten sie die Regierung bis 2015 weiterführen, unabhängig davon, wie es mit Berlusconis Ausschluss aus dem Senat und anderen Verfahren gegen ihn weitergeht.

"Ein sehr feindlicher Akt"

Zu diesem Teil der Partei gehört auch eine Gruppe von 30 PDL-Senatoren, deren Stimmen genügen würden, um die Regierung im Amt zu halten. In diesem Sinne äußerte sich auch Ministerpräsident Letta, der sagte: "Ich habe die Mehrheit ohne Silvio Berlusconi."

Die sogenannten Falken oder Loyalisten in dem Konglomerat PDL/FI haben sich dagegen bedingungslos Berlusconi verschrieben. Sie drohen weiterhin, die Regierung scheitern zu lassen, wenn ihr sozialdemokratischer Koalitionspartner dafür stimmt, Berlusconi wegen seiner Verurteilung als Steuerbetrüger das Mandat im Senat zu entziehen. Die Falken kündigen zudem an, die Koalition auch an Einzelfragen bei Gesetzesvorhaben scheitern zu lassen.

Einer der Regierungstreuen in der PDL, Senator Roberto Formigoni, sagte, wenn Berlusconis Vorgehen gegen ihn und Gleichgesinnte gerichtet sei, wäre das "ein sehr feindlicher Akt" und eine "Provokation". Formigoni sagte der Zeitung La Stampa auch, seiner Ansicht nach werde die von Berlusconi und dem Präsidium beschlossene Absetzung aller bisherigen Partei-Funktionsträger frühestens mit dem Parteikongress wirksam.

Eine Ohrfeige zurück

Viele in Rom verstehen das Manöver des 77-jährigen Parteigründers als Racheakt an Alfano und den von ihm geführten Regierungstreuen. Diese hatten massiven Druck auf Berlusconi ausgeübt, damit er die Regierung nicht bei einer Vertrauensabstimmung am 2. Oktober scheitern ließ. Er gebe nun "die Ohrfeige zurück", soll Berlusconi zu Alfano gesagt haben. Nach der Entscheidung über seine Partei am Freitagabend ließ Berlusconi wissen: "Wenn mein Ausschluss (aus dem Senat) durchgeht, kommt es zur Regierungskrise." Zugleich heißt es aber in den Beschlüssen der Versammlung im Hause Berlusconis, die Regierung solle fortgesetzt werden.

Am Sonntag hatten die regierungstreuen PDL-Leute noch nicht entschieden, ob sie den Bruch mit Berlusconi vollziehen. Alfano, er hoffe, die Spaltung sei noch zu vermeiden. Das Verhältnis zwischen ihm und seinem politischen Ziehvater Berlusconi gilt als schwer angeschlagen. Alfano hatte die Scharfmacher in seiner Partei gerade erst gewarnt: "Wir können es nicht hinnehmen, dass ständig Bomben auf die Regierung geworfen werden, der wir angehören."

Auch der für Verfassungsreformen zuständige PDL-Minister Gaetano Quagliarello gab wiederholt zu verstehen, die Linie der PDL-Minister stehe fest: Wenn das Überleben der Koalitionsregierung auf dem Spiel stehe, werde es eine neue Fraktion geben. "Einige in der Partei glauben, die Regierung muss weitergehen, weil eine Regierungskrise verheerend wäre."

Berlusconi hatte die Partei Forza Italia 1994 gegründet. Ihr größter Erfolg waren 41,1 Prozent der Stimmen bei den Parlamentswahlen 2001. Die FI-Nachfolgerin PDL entstand 2007. Bei der Parlamentswahl im Februar erreichte die PDL noch 21,6 Prozent.

Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: