Berliner CDU:Delegierte strafen Ex-Führungsduo ab

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Ende des Machtkampfs: Die Berliner CDU hat ihren Ex-Parteichef Schmitt und Ex-Fraktionschef Pflüger bei Mandatswahlen durchfallen lassen.

Der frühere Fraktionschef Friedbert Pflüger und der ehemalige Landesparteivorsitzende Ingo Schmitt erhielten am Samstag bei den Listenaufstellungen für Europa- und Bundestagswahl die Quittung für monatelange Querelen. In einer Kampfabstimmung um Platz 1 der Landesliste für die Europawahl 2009 unterlag Pflüger klar mit 38,7 zu 58,8 Prozent.

Unterlag in einer Kampfabstimmung um Platz 1 der Landesliste für die Europawahl: Ex-Fraktionschef Friedbert Pflüger. (Foto: Foto: dpa)

Die Delegierten der Landesvertreterversammlung wählten stattdessen mit 143 Stimmen den Wirtschaftsstadtrat von Berlin-Mitte, Joachim Zeller. Auf Pflüger entfielen nur 94 Stimmen.

Damit musste der Ex-Staatssekretär im Verteidigungsministerium die zweite schwere Niederlage innerhalb von gut zwei Monaten in der Hauptstadt-Union einstecken. Im Verlauf des zurückliegenden, von ihm selbst ausgelösten Machtkampfs war Pflüger am 11. September bereits als CDU-Fraktionsvorsitzender abgewählt worden.

Bei der vorausgegangenen Landeskonferenz zur Wahl der Berliner CDU-Kandidaten für die Bundestagswahl 2009 hatten die Delegierten bereits ihrem Ex-Parteichef Schmitt einen Denkzettel verpasst. Sie wählten ihn nicht auf den begehrten Platz 3 und stellten sich damit gegen die Empfehlung des CDU-Vorstands. Damit konnte sich die Basis überraschend gegen den Landesvorstand durchsetzen.

Statt des im Zuge der Führungskrise zurückgetretenen Ex-CDU-Chefs Ingo Schmitt setzte sich auf Platz 3 im zweiten Wahlgang die CDU-Kreisvorsitzende von Neukölln, Stefanie Vogelsang, mit 127 zu 115 Stimmen gegen Schmitt durch. Die Delegierten gaben damit dem 51-Jährigen eine klare Mitverantwortung am Machtkampf der vergangenen zwei Monate.

Ausgelöst hatte diesen der damalige Fraktionschef Friedbert Pflüger. Er wollte Schmitt im Frühjahr 2009 an der Parteispitze ablösen. Schmitt hatte das abgelehnt. Pflüger wurde daraufhin als Fraktionschef abgewählt, Schmitt trat als CDU-Vorsitzender zurück.

Pflüger wollte sich am späten Nachmittag ebenfalls in einer Kampfkandidatur für das Europamandat bewerben. Der frühere Staatssekretär im Verteidigungsministerium gilt in der CDU seit dem Machtkampf als nicht mehr mehrheitsfähig. Der Vorstand hat den ehemaligen CDU-Chef Joachim Zeller nominiert.

Monika Grütters erneut Spitzenkandidatin

Als Spitzenkandidatin für die Bundestagswahl wurde erneut die Kultur- und Wissenschaftsexpertin Monika Grütters gewählt. Die 46-jährige Bundestagsabgeordnete landete mit 81,5 Prozent auf Platz 1 der Landesliste. Grütters bekam 194 Ja-, 44 Nein-Stimmen und sechs Enthaltungen.

Auf Platz 2 wurde der Bundestagsabgeordnete Karl-Georg Wellmann mit 78,8 Prozent der Stimmen gewählt. Der 56-Jährige hatte 2005 das einzige Berliner Direktmandat für die CDU in Steglitz-Zehlendorf gewonnen.

Im ersten Wahlgang um Platz 3 hatte keiner der zunächst drei Kandidaten die notwendige Mehrheit von 124 Stimmen der 246 Delegierten erzielt. Schmitt hatte 109 Stimmen, Vogelsang 94 und der Anwalt Niels Korte 38 Stimmen bekommen. Der Ex-Parteichef gab anschließend bekannt, dass er für keinen anderen Listenplatz kandidiere, sondern seinen Wahlkreis direkt gewinnen wolle.

In der folgenden Debatte machten vor allem die Delegierten aus den Ost-Bezirken Berlins ihrem Frust darüber Luft, dass der neue CDU-Vorsitzende Frank Henkel und die Kreischefs der mitgliederstarken westlichen Kreisverbände nichts aus der jüngsten Führungskrise gelernt hätten. Mehrere Redner kritisierten heftig, dass wie früher die Runde der westlichen Kreischefs am Abend der Wahl Henkels wieder unter sich die Reihenfolge der Listenplätze ausgehandelt hätten.

Unmut über die "Hinterzimmerrunden"

Dabei sprachen die Beteiligten auch über die eigenen Kandidaturen. Außer Schmitt wollen auch die Kreischefs von Reinickendorf, Frank Steffel, und Spandau, Kai Wegner, in den Bundestag. Der CDU-Vorstand stellte die Liste dann am Freitagabend so auf, wie sie besprochen worden war. Steffel wurde mit 69,6 Prozent auf Platz 4, Wegner mit 71,2 Prozent auf Platz 5 gewählt.

Der Kreischef aus Treptow-Köpenick, Fritz Niedergesäß, warf seinen West-Kollegen eine Fortsetzung der Hinterzimmerrunden vor. "Ihr könnt nicht davon ausgehen, dass wir alles abnicken, was die Kreisvorsitzendenrunde auskungelt", kritisierte er.

Zudem habe der Vorstand trotz aller Versprechungen, den Osten Berlins zu stärken, keinen Kandidaten auf den ersten fünf Plätzen nominiert, der im Osten wohne. Niels Korte bezeichnete es als "Skandal", dass der Vorstand erwartet habe, dass die Delegierten "1:1 den Vorschlag des Vorstands umsetzen und die Kritiker alle außen vor lassen sollen. Das ist grotesk", sagte Korte.

Auch Platz 6 wurde in einer Dreier-Kampfkandidatur entschieden. Dort setzte sich im ersten Wahlgang die frühere DDR-Bürgerrechtlerin Vera Lengsfeld mit 138 Stimmen gegen Korte und die Vorsitzende der Frauen-Union, Edeltraud Töpfer, durch.

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