Berlin:Rot-rot-grüne Selbstbetrachtung

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Die Koalition in Berlin regiert seit 100 Tagen - und ist zufrieden mit der Umsetzung ihres Programms. Doch CDU-Fraktionschef Florian Graf macht dem Senat schwere Vorwürfe.

Es begann mit einem klassischen Fehlstart. Selbst Berlins Regierender Bürgermeister Michael Müller (SPD) machte noch vor einigen Wochen keinen Hehl daraus, dass der neue rot-rot-grüne Senat denkbar schlecht angefangen hatte. In den ersten Wochen zerstritten sich die Spitzen über die Ernennung des stasibelasteten Stadtsoziologen Andrej Holm zum Staatssekretär. Am Ende musste Holm gehen, alle Beteiligten hatten an Reputation eingebüßt. Jetzt ist davon keine Rede mehr, Müller präsentierte an diesem Mittwoch zufrieden eine 100-Tage-Bilanz unter der Überschrift "Versprochen. Gehalten!" Sein neuer Senat mache seine Arbeit, verkündete er. "Es gibt keine Blockaden. Wir haben uns auch nicht durch Schwierigkeiten aus der Bahn werfen lassen."

Als wichtigen Erfolg verbuchte Müller, dass der neue Hauptstadtvertrag mit dem Bund vor dem Abschluss stehe. Berlin könne für seine Aufgaben als Hauptstadt künftig jährlich auf 50 Millionen Euro zusätzlich vom Bund rechnen. Der Vertrag werde eine Laufzeit von zehn Jahren und ein Volumen von rund zwei Milliarden Euro haben.

Sechzig Vorhaben für die ersten hundert Tage hatten SPD, Linke und Grüne am 9. Januar bei einer Senatsklausur festgelegt. Fast alle seien auf den Weg gebracht, sagte der SPD-Politiker. Er nannte den Auszug der Flüchtlinge aus Turnhallen oder auch die Vereinbarung mit den städtischen Wohnungsgesellschaften, die Mieterhöhungen zu begrenzen. Als wichtiges Signal wertete es Müller, dass das Sozialticket für Bus und Bahn deutlich billiger wird. Ein zentrales Vorhaben ist das Radverkehrsgesetz, mit dem Berlin bundesweit Vorreiter sein will und Radfahrern durch massive Investitionen mehr Sicherheit und Raum geben will.

Müller wies Vorwürfe zurück, dass dies eine ideologische Politik gegen die Autofahrer sei. Der Senat nehme wahr, dass immer mehr Menschen sich mit dem Rad bewegen wollen. "Man kann nicht rot-rot-grün wählen und eine schwarz-gelbe Verkehrspolitik erwarten." Berlins CDU-Fraktionschef Florian Graf warf dem Senat vor, Klientel-Interessen vor das Gemeinwohl zu stellen. Bei der Verkehrspolitik führe die Koalition einen "Kulturkampf" gegen Autofahrer.

© SZ vom 20.04.2017 / dpa, epd - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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