Berlin:Besser werden

Nach einem Jahr zieht die rot-rot-grüne Regierung in der Hauptstadt Bilanz. Vieles sei auf den Weg gebracht worden - doch vieles brauche noch Zeit.

Von Jens Schneider, Berlin

Ein Jahr Rot-Rot-Grün - Eine Zwischenbilanz

Michael Müller, seit einem Jahr Regierender Bürgermeister.

(Foto: Jörg Carstensen/dpa)

Ein Jahr nach dem Start haben die Spitzen des rot-rot-grünen Berliner Senats eine positive Zwischenbilanz gezogen, die Bürger der Hauptstadt aber auch um Geduld gebeten. Der Regierende Bürgermeister Michael Müller (SPD) sprach von einem "erfolgreichen Jahr", die Landesregierung habe ein "Jahrzehnt der Investitionen eingeläutet", sagte er. Der Senat habe das größte Schulneubau- und Sanierungsprogramm seit dem Fall der Mauer aufgelegt, bereits in diesen Herbstferien seien 250 Schulen "angefasst" worden. Auch wolle man massiv Personal einstellen. So seien im kommenden Doppelhaushalt 5000 zusätzliche Stellen vorgesehen.

In Berlin hatte sich unter Müllers Führung vor einem Jahr die erste rot-rot-grüne Landesregierung gebildet. Der Senat spricht nun von einer "Stadt des Aufbruchs" mit zahlreichen Projekten, die "R2G" auf den Weg gebracht habe. Müller räumte zugleich ein, dass es "noch Dinge gibt, bei denen wir besser werden müssen". Die Berliner dürften eine funktionierende Stadt erwarten, sagte er. Man müsse aber bedenken, dass nach einem jahrelangen Sparkurs in der Hauptstadt "erst seit drei, vier Jahren die Chance auf ein Umsteuern und die bessere Ausstattung in vielen Bereichen" bestehe. Es gehe darum, Dinge nachzuholen und aufzuholen.

"Wir nutzen diese Chance", sagte Müller. Die Neueinstellungen in der Verwaltung seien überfällig, aber nur schrittweise umzusetzen. Viele positive Auswirkungen werde man "sicherlich erst in den nächsten Monaten und Jahren konkret spüren". Der Senat stößt dem Vernehmen nach mit seinem Investitionsprogramm oft an Grenzen, weil Personal fehlt, um etwa die Sanierung der öffentlichen Infrastruktur auf den Weg zu bringen und zu betreuen.

Müllers grüne Stellvertreterin, die Wirtschaftssenatorin Ramona Pop, verwies darauf, dass Berlins Wirtschaft deutlich über dem Bundesschnitt wachse. Man habe angesichts des starken Bevölkerungszuwachses wichtige Investitionen eingeleitet. So würden im öffentlichen Nahverkehr bei der BVG, den Verkehrsbetrieben, in den kommenden zehn Jahren zwei Milliarden Euro in die Erneuerung des Fuhrparks investiert. Die Stadt brauche jetzt einen langen Atem, sagte Pop. Sie habe Verständnis, "dass der eine oder andere sagt: Das geht uns alles nicht schnell genug!" Man müsse aber bedenken, dass vieles liegen geblieben und erst jetzt angepackt worden sei.

"Das sind alles Dinge, die brauchen Zeit", sagte der stellvertretende Bürgermeister und Kultursenator Klaus Lederer. Die Ämter müssten erst einmal Personal bekommen, auch die Bauwirtschaft müsse Kapazitäten haben, erklärte der Politiker der Linkspartei. Er versprach, dass es Fortschritte beim Wohnungsbau geben werde. In Berlin fehlen durch den starken Bevölkerungszuwachs massiv Wohnungen. Seine Partei stellt in Katrin Lompscher die Bausenatorin. Ihr wurde wiederholt vorgeworfen, dass zu wenig neue Wohnungen entstünden.

Die Opposition warf Regierungschef Müller anlässlich der Bilanz "Selbstbeweihräucherung" vor. Seit einem Jahr herrsche Stillstand, sagte CDU-Fraktionschef Florian Graf, der Senat verliere sich im "Klein-Klein".

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