Berlin:"Armut kann man nicht verbieten"

Mit Bußgeldern will Berlins Senat dagegen vorgehen, dass Kinder auf den Straßen der Stadt betteln. Doch bei Wohlfahrtsverbänden und Opposition regen sich Zweifel, ob das wirklich hilft.

Von Jens Schneider, Berlin

Manche Probleme lassen sich mit einer Verordnung vielleicht nicht lösen - und sei sie noch so gut gemeint. In Berlin wird gerade heftig darüber diskutiert, ob es den Kindern von Bettlern hilft, wenn der Staat das Betteln mit Kindern verbietet. An einigen zentralen Stellen in der Hauptstadt sieht man oft Kinder, oft sehr kleine, die um Geld betteln. Vor allem Roma-Familien schicken Kinder zum Geldverdienen in die Einkaufsstraßen. Der Berliner Innensenator Frank Henkel (CDU) will mit einer Rechtsverordnung dagegen vorgehen. Sie sieht ein Bußgeld bis zu 500 Euro vor. Aber die Verordnung wird als lebensfremd kritisiert, man helfe den Kindern damit nicht.

So bezweifelt Benedikt Lux von den oppositionellen Grünen, dass die Rechtsvorschrift den Kindern nutzen kann. "Die Situation ist schlimm für die Kinder", sagt Lux, "aber Armut kann man nicht verbieten. Da ist ein Bußgeld ein Schlag ins Wasser." Man könne den Kindern nur helfen, indem man sie anspreche, nicht indem man ihre Eltern bestrafe. "Wer soll denn das bezahlen? Meine Prognose: Diese Rechtsvorschrift wird nichts bringen." Lux fordert den Einsatz von Streetworkern, "vor allem von Menschen, die sich im Kulturkreis der Familien auskennen und sie erreichen."

Innensenator Henkel nennt es eine "grobe Verletzung der Fürsorge- und Erziehungspflicht, Kinder zum Betteln zu missbrauchen". Diesen Missbrauch wolle der Senat mit der Verordnung bekämpfen und Sanktionen gegen die Verantwortlichen verhängen. Das Verbot soll für Kinder bis 14 Jahre gelten. Die Verordnung bereitet der Senat seit Langem vor. Dabei äußerten Verbände auch immer wieder Zweifel daran, ob sie umgesetzt werden könne. Vom Senat hieß es, dass Mitarbeiter des Ordnungsamtes die Identität von Kindern und Sorgeberechtigten feststellen und Bußgeldbescheide ausstellen sollen. Den Plan des Senats müssen erst noch die Bezirksbürgermeister beraten. Der Senat will ihn voraussichtlich nach der Sommerpause endgültig beschließen.

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