Berg-Karabach:Viele Tote bei Kämpfen

Der Konflikt zwischen Armenien und Aserbaidschan um die Kaukasusregion ist wieder aufgeflammt. Mindestens 30 Menschen wurden getötet. Die internationale Gemeinschaft warnt vor einer Eskalation.

Aserbaidschan hat im wieder aufgeflammten Konflikt um die Kaukasusregion Berg-Karabach ein Signal zur Entspannung gesendet: Seine Truppen würden einseitig die Kampfhandlungen einstellen, bei denen es am Samstag auf beiden Seiten mindestens 30 Tote gegeben hatte, teilte das Verteidigungsministerium am Sonntag in Baku mit. Man komme damit Bitten internationaler Organisationen nach. Verantwortliche in der seit 1994 von Armeniern kontrollierten Region sagten, sie hätten nichts von einer Einstellung des Feuers bemerkt. Das armenische Verteidigungsministerium bezeichnete die von Baku verkündete Feuerpause als "Falle".

Sowohl die USA als auch Russland hatten am Samstag nach den schwersten Kämpfen in der Region seit dem 1994 mit einem Waffenstillstand beendeten armenisch-aserbaidschanischen Krieg beide Seiten zu Mäßigung und Deeskalation aufgerufen. US-Außenminister John Kerry und zuvor auch der russische Präsident Wladimir Putin forderten ein Ende der Kämpfe.

Die beiden ehemaligen Sowjetrepubliken Armenien und Aserbaidschan streiten seit mehr als 20 Jahren um Berg-Karabach. Der abtrünnigen Region kommt wegen ihrer Lage in einem Gebiet zwischen Russland, der Türkei und dem Iran eine strategische Bedeutung zu. Ankara steht in dem Konflikt an der Seite Aserbaidschans. Der türkische Präsident Recep Tayyip Erdoğan versprach während seines USA-Besuchs Aserbaidschan Unterstützung "bis zum Ende". Das sagte er einem aserbaidschanischen Journalisten, wie das türkische Präsidialamt am Sonntag mitteilte. Russland dagegen unterstützt die armenische Armee. Obwohl seit 1994 ein Waffenstillstand gilt, ist die Region im Südkaukasus ein Pulverfass. Zu Sowjetzeiten wurde Berg-Karabach Aserbaidschan zugeschlagen. Proarmenische Rebellen brachten das mehrheitlich von Armeniern bewohnte Gebiet Ende der Achtzigerjahre unter ihre Kontrolle. Berg-Karabach erklärte 1991 seine Unabhängigkeit, diese aber wird nicht einmal von Armenien anerkannt.

Die Gefechte hatten in der Nacht zum Samstag begonnen und waren mit mindestens 30 getöteten Soldaten die tödlichsten seit der Unterzeichnung des Waffenstillstandsabkommens von 1994. Nach Angaben des armenischen Präsidenten Serge Sarkissjan wurden 18 armenische Soldaten getötet, weitere 35 Soldaten seien verletzt worden. Sarkissjan sagte bei einer vom Fernsehen übertragenen Ansprache nicht, ob es sich bei den Opfern um Angehörige der regulären Streitkräfte oder um Mitglieder von Truppen aus Berg-Karabach handelte, das von Eriwan unterstützt wird.

Die internationale Gemeinschaft warnte vor einer Eskalation des Konflikts. UN-Generalsekretär Ban Ki Moon rief die Beteiligten auf, "die Waffenstillstandsvereinbarung vollständig zu respektieren". Auch die USA, Russland, die EU und Bundesaußenminister Frank-Walter Steinmeier (SPD) drangen auf ein Ende der Gewalt.

Berg-Karabach streitet ab, dass Aserbaidschan die Kämpfe vorerst eingestellt hat

Laut dem aserbaidschanischen Verteidigungsministerium in Baku töteten armenische Einheiten zwölf aserbaidschanische Soldaten und schossen einen Hubschrauber ab. Aserbaidschan hatte zudem angegeben, die eigenen Streitkräfte hätten mehr als hundert armenische Soldaten getötet sowie sechs Panzer und 15 Artillerieeinheiten zerstört. Das armenische Verteidigungsministerium wies dies als "offensichtliche Desinformation" zurück. Nach Angaben des von Armenien unterstützten Verteidigungsministeriums in Karabach wurde beim Beschuss armenischer Dörfer in der umstrittenen Region durch aserbaidschanische Artillerie ein Zwölfjähriger getötet. Baku meldete einen getöteten Zivilisten auf aserbaidschanischer Seite.

In der am Sonntagnachmittag bekannt gewordenen Erklärung des aserbaidschanischen Verteidigungsministeriums hieß es, die aserbaidschanischen Truppen würden einseitig eine Gegenoffensive "in den von Armenien besetzten Gebieten einstellen". Sie würden sich auch nicht auf die Befestigung von Stellungen konzentrieren, die Aserbaidschan "befreit" habe, hieß es ohne weitere Erklärung. Der Sprecher des Präsidenten von Berg-Karabach, David Babajan, sagte der Nachrichtenagentur AP, die Truppen des Kaukasusgebiets hätten noch kein Zeichen von einer einseitigen Feuereinstellung bemerkt. Sie hätten einen Gegenangriff rund um das Dorf Talisch gestartet und die Kontrolle über ein strategisches Gebiet nahe der Frontlinie zurückerlangt. Ihre Stellungen seien am Morgen unter Beschuss aserbaidschanischer Truppen gekommen.

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