Benjamin Netanjahu:Ein israelischer Neocon

Benjamin Netanjahu soll in Israel die Regierung bilden, doch ihm fehlt jede frische Idee. Seine Person steht für einen Zeitsprung zurück in die 90er Jahre.

Stefan Kornelius

Bibi, der Amerikaner, war schon immer stolz auf seine Verbundenheit zur Schutzmacht Israels, den USA. Das verwundert nicht weiter, denn der Mann hat prägende Jahre in der High School und später an der Universität in den Vereinigten Staaten verlebt.

Benjamin Netanjahu: Fehlt es an frischen Ideen: Benjamin Netanjahu

Fehlt es an frischen Ideen: Benjamin Netanjahu

(Foto: Foto: dpa)

Derart intensiv müssen die Gefühle gewesen sein, dass Bibi seinen Namen amerikanisierte und Ben Nitvai heißen wollte. Indes: Der Name wollte nicht haften, wohl aber blieb Benjamin Netanjahus radikaler politischer Stil, den er sich von seinen amerikanischen Vorbildern abgeschaut haben muss.

Dieses Phänomen ist immer wieder zu beobachten: Junge, politisch begabte Typen aus aller Welt kommen in prägender Zeit in die USA und sind fasziniert vom harten, unnachgiebigen Stil der Konservativen. Radek Sikorski, Polens Außenminister, schleift sich gerade seine in Washington erworbenen Stacheln ab. Anderen Jungstars aus der politischen Szene Mitteleuropas ging es nicht anders.

Das beste Beispiel ist der georgische Präsident Michail Saakaschwili, auch ein Amerikaner in diesem Sinne. Alle waren sie angetan von der Bedingungslosigkeit im Umgang der Lager in den USA - und alle ignorieren sie, dass dieser Stil in ihren Heimatländern nicht funktioniert.

In Israel, wo Amerika weit mehr als nur Vorbild für politische Stilfragen ist, wirkt diese Rückkehr zu Bibi anachronistisch. Der Mann erscheint wie ein Absolvent der neokonservativen Schule, die sich aber längst diskreditiert hat.

Sicher: Die Mehrheit in Israel hat konservativ gewählt, was ja selbst in dieser Lebensphase des alles überwölbenden Nahost-Problems kein Fehler sein muss.

Konservative, Härte ausstrahlende Regierungen waren häufig besser in der Lage, schmerzhafte Reformen auch bei der eigenen Bevölkerung durchzusetzen. Problematisch ist aber die Person Netanjahu, weil sie für einen Zeitsprung zurück in die 90er Jahre steht.

Verweigert sich einer Zwei-Staaten-Lösung

Benjamin Netanjahu ist nach allem, was er sagt und was er will, ein unmoderner Politiker, von dem bisher keine frische Idee zu vernehmen war, wie er die Optionen für den Nahen Osten nach dem US-Regierungswechsel zum Wohle Israels nutzen will.

Benjamin Netanjahu wurde nun wieder beauftragt, eine israelische Regierung zu bilden. Die Entscheidung von Präsident Shimon Peres ist folgerichtig, weil der Vorsitzende des konservativen Likud am meisten Gefolgschaft im zersplitterten Parlament generieren kann. Dort wird man ihn also mit einer stabilen Mehrheit zum nächsten Premierminister wählen können, eine stabile Regierung gibt es aber damit noch lange nicht.

Netanjahu verweigert sich allem Fortschritt, der trotz des Gaza-Kriegs in den vergangenen Monaten gemacht wurde.

Er verweigert sich einer Zwei-Staaten-Lösung, er wird spätestens unter dem Druck der rechten Siedler-Parteien keinen Abzug der Landnehmer aus dem Westjordanland anordnen, und ihm ist vor allem der Grundgedanke der neuen amerikanischen Regierung fremd, wonach ein dauerhafter Ausgleich im Nahen Osten nur in Kooperation mit Iran zu erreichen sein wird.

Als Bill Clinton US-Präsident und Netanjahu Regierungschef in Israel war, Ende der 90er Jahre also, fror der Friedensprozess vollends ein. Selbst die innenpolitische Unterstützung für Netanjahu zerfiel, bis ein noch konservativerer Politiker auf den Tempelberg ging und die zweite Intifada auslöste - Ariel Scharon.

Netanjahu hat im Wahlkampf nicht erkennen lassen, wie er eine Wiederholung der Geschichte zu verhindern gedenkt. Vor allem aber fehlt jeder Hinweis darauf, wie er mit seiner politischen Zieh-Heimat, den USA, und dem neuen Präsidenten Barack Obama ins Geschäft kommen möchte.

Netanjahus innenpolitische Allianz ist brüchig, noch bevor sie zusammengefügt wurde. Von äußerer Unterstützung ist nur wenig zu spüren. Netanjahu mag die Mehrheit haben, aber nicht die Macht.

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